Flotter Spaß und schiefer Gesang: Turbine William rockt die Märchenhütte

von: Zwackelmann

Wenn Profi-Schauspieler beim Impro spiellustig sind, macht das Zuschauen einfach Spaß. Körperausdruck und Mimik sind eine Show für sich. “Ach ja, das möchte ich auch mal können,” denkt der Amateur im Stillen und sieht Carsta Z. von Turbine William dabei zu, wie sie eine offensichtlich massiv tablettenabhängige Rütli-Lehrerin darstellt. Was ein konsequent gespielter Tick für eine Komik entwickeln kann!

Des Kritikers Fantasie geht mit ihm durch und er sieht die vier Schauspieler nicht mehr in der Märchenhütte, sondern auf einem mittelalterlichen Marktplatz. In Windeseile haben sie die Bühne aufgebaut, springen darauf und unterhalten das herbeigeströmte Volk mit flinken Späßen und derben Zoten. Der Stadtadel linst aus den Fenstern seiner Herrenhäuser und lacht mit. Wie es sich für ihren Stand gehört, rümpfen die oberen Herren aber auch gelegentlich die Nase:

Turbine William spielt an diesem Abend (01.02.10) die sexuelle Karte doch ganz schön häufig. Ist ja auch immer ein Lacher. Schlüssig zu Ende erzählte Geschichten sind nicht so wichtig. Tragische Situationen werden durchaus gekonnt eingeführt – Frau hat Kaffee des Mannes vergiftet, da kommt der Sohn herein und erzählt freudestrahlend, dass er zum ersten Mal Kaffee getrunken hat – dann wird das aber doch nicht konsequent ernst genommen. Am Schluss ist das Problem der Mutter nicht mehr, dass sie ihren Sohn vergiftet hat, sondern nur noch, dass er “vor ihren Augen” stirbt – “Stirb woanders!” Naja. (Das langsame – comichafte – Sterben des Sohnes wird dagegen wieder virtuos dargestellt.)

Am Ende ist alles Lachen und es heißt sehr häufig “das klingt nach einem Lied”. Aber warum singt vor allem der Kerl im blauen Hemd, der selten einen sauberen Ton trifft und dessen Texte kaum besser sind? An der Sangeskunst sollte noch geschliffen werden, denn die Musiker haben einiges zu bieten: unwillkürlich wendet man den Kopf – wo ist denn dieser Backroundchor? Tastenkönig Sjan zaubert ihn aus seinem Keyboard, sein Partner Peter H. an der Cajón (kubanisch-peruianische Basstrommel) steuert groovige Rhythmen bei.

Besonders ist auch die Bühne der Märchenhütte: die Spieler können ihren Kopf von oben durch das Dach stecken (z.B. als Hexe im Baum) und lassen schon mal Seifenblasen schneien. Doch obwohl alle Szenen durch “Es war einmal…” eingeleitet werden: es ist eine ganz normale Show, Märchen kommen wenig vor.

Lob verdient der Moderator Roger J.: Er ist wortgewandt, witzig, stets Herr der Lage und auch bei launigen Bemerkungen über einen abgelehnten Vorschlag (“rosa Schlüpfer”) bleibt er charmant. Der “rosa Schlüpfer” (ein junger Mann) bekam zum Abschluss übrigens den Birnen-Anstecker als “schönster Vorschlag”.

Turbine William wie die Birne spielt in verschiedenen Besetzungen an unterschiedlichen Orten, z.B. jeden 3. Samstag im Bühnenrausch, in der Märchenhütte noch jeden Montag im Februar.

Zwackelmann