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Verkopftes Improtheater – ein Kommentar

Mandy John hat uns folgenden Kommentar zu der Serie von Stephan Holzapfel zum Thema Theatersportspiele aber richtig geschickt. Wir freuen uns sehr über diesen Diskussionsbeitrag und auch auf eine hoffentlich kontroverse Diskussion.

von Mandy John:

Ich lese sehr gern die Impro-News. Es macht mir Spaß zu sehen, wie sich die Szenerie entwickelt, zu der ich vor etwa acht Jahren gestoßen bin. Wie neue Gruppen entstehen, wenn erfahrene Spieler neue Gruppen anleiten usw. Ich habe sehr viele Shows verschiedener Gruppen gesehen. Vor ungefähr einem Jahr habe ich meine Schizophrenie zwischen Improtheater und klassischem Theater vollkommen für das „Textlernen-Theater“ aufgegeben. Dennoch schaue ich mir regelmäßig improvisierte Shows an und habe daran Spaß. Eine Weile schon beschäftigt mich der Gedanke, dass Improtheater einen sehr verkopften Weg eingeschlagen hat. Die Veröffentlichung des 5. Artikels „Theatersportspiele – aber richtig“ möchte ich zum Anlass nehmen, meinen
Gedanken darüber Ausdruck verleihen.

TheatersportSPIELE aber richtig. SPIELE – aber richtig! Kann man richtig spielen? Geht es hier nicht um das SPIELEN an sich?

Natürlich entwickelt und verändert sich auch das Improvisationstheater, eventuell habe ich mich nicht mit verändert. Ich habe es so kennen und lieben gelernt, eben als ein Spiel. Das Leben schien, auch mit mir darin, ernst genug und ich fand eine Plattform, mich auszutoben, herum zu blödeln und andere sehen begeistert zu. Und noch besser: ich lernte tolle Leute kennen. Dank Karin Mietke und ihrem BühnenRausch. Hier habe ich das Improtheater so kennengelernt, wie ich es noch in meinem Herzen habe: Ein  Zusammentreffen von Menschen, die einfach nur gemeinsam Spaß haben möchten.

Das Leben ist Veränderung. Und so auch das Improvisationstheater. Die Szene an sich. Ist doch klar: immer mehr Menschen kommen hinzu und bringen durch ihre Persönlichkeit neuen Wind mit.

„Zuviele Spieler schaffen Probleme.“ (Stephan Holzapfel)

Probleme. Theatersportspiele richtig spielen, also nicht falsch? Es klingt mir einfach sehr negativ und verkopft. Der Improgedanke ist doch „Auja!“ und „Annehmen“. Okay, man kann ein Spiel zerpflücken und auseinander nehmen, ich ärgere mich jedoch und verliere die Lust an dem Spiel, wenn mir ein freies Spiel rigoros reglementiert und behauptet wird, ich würde es falsch spielen. Wo ist da noch der Faktor „Spaß“? Den lese ich leider bei der ganzen Analyse auf scheinbarer objektiver Sachebene nicht heraus. Schade.

Viele versuchen in das improvisierte Theater eine Objektivität zu bringen, die für meine Begriffe fast nicht erreichbar ist. Das darstellende Spiel in der Improvisation ist eine höchst subjektive Sache. Wir können nur Rahmenbedingungen akzeptieren. Mir geht es beim Improtheater darum, Regeln zu erlernen, diese aber auch immer wieder brechen zu können, um nicht in einem starren Gefüge bloß etwas auszufüllen. Ich fühle mich bei zu viel Theorie in ein Korsett gedrängt und bin schnell gelangweilt. Vielleicht ist der Beweggrund einer Theorie des Improtheaters auch nur Kontrolle zu gewinnen, weil man die Grundannahme der Improvisation nicht verkraftet: Kreativität mit allen Möglichkeiten, zahlreichen Wegen und wenig Vorschriften, die mir Sicherheit bieten könnten. Mein Weg bei der Improvisation ist eher Kontrollverlust und dadurch Entwicklung ermöglichen in bestimmten Freiheitsgraden. Feste Strukturen oder gar Anleitungen, wie man etwas „richtig“ macht, behindern mich extrem an meiner Entfaltung auf der Bühne.
Und das würde ein Publikum schnell merken und weniger honorieren.

Mandy John

www.MandyJohn.com

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