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2. Theatersport Cup Berlin: Schnell, kurzlebig und verbindend

von Sören Boller:

BERLIN – Wie schon einige Vorstellungen zuvor, moderierte auch am Samstagabend des 22.09.12 Jana Kozewa den 2. Internationalen Theatersport Cup. Die zweite Begegnung der zweiten Gruppe lautete: „Wir 2“ aus der Schweiz gegen Fastfood Theater aus München. Ebenfalls mit von der Partie war wieder Uwe Matschke am Piano. Das auf 18 Uhr angesetzte Match sollte das erste von insgesamt zwei der „Langen Nacht des Impro“ werden.

Heiter bis wolkig: Keine besonderen Vorkommnisse

Nach den obligatorischen „Freeze Tags“ zum Aufwärmen der Teams und des durchaus zahlreich anwesenden Publikums forderte die Moderation die Improvisateure des Fastfood Theater auf, ihre erste freie Szene zu beginnen, die „tiefgründig und berührend“ sein sollte. Es erstaunte bereits, dass Robert Lansing dafür die Vorgabe „Erotik in der Badewanne“ einholte, als aber seine Teamkollegin Maria Maschenka auf den ersten Satz der Szene „Du Schatz, ich glaube wir brauchen mal frischen Wind in der Beziehung!“ mit „Wieso? Ich lüfte doch gerade!“ reagierte, war klar, dass es weder besonders tiefgründig, noch berührend werden würde.

So zog es sich denn auch weiterhin durch die Show, dass Inhalte zugunsten von flachen Gags geopfert wurden, obwohl dies überhaupt nicht notwendig war. Im gemeinsam gespielten „Das klingt nach einem Lied“-Format wurde zunächst eine vielversprechende Geschichte angespielt: Eine nicht gerade durch Attraktivität gesegnetes, schüchternes Mädchen träumt vom Gewinn des regionales Schönheitswettbewerbes, während die amtierende Schönheitskönigin auch noch mit ihrem Schwarm liiert ist. Dieser trifft sie zufällig in der Umkleide eines Warenhauses, als sie plötzlich zu weinen beginnt und flüstert: „Weißt du, kurz hab ich geglaubt, ich hätte WIRKLICH eine Chance!“. Ein bewegender Moment, in dem kein Zuschauer gewagt hätte auch nur zu blinzeln. Obwohl es der Improvisatorin Martina Schütze offensichtlich nicht an schauspielerischen Mitteln mangelte, entschied sie sich dafür die Spannung nicht zu halten und sagte nach wenigen Sekunden: „Achwas, kein Problem, es geht schon wieder!“ Ein kurzer Lacher ging durchs Publikum, aber die Betroffenheit war verschwunden, ebenso die Spannung der ganzen Geschichte.

Geschichten? Mit nichten!

Tim-Uwe Georgi + Martina Schütze sind „Wir 2“ / Foto: Sören Boller

In der zweiten Halbzeit der Begegnung sollten beide Teams nun jeweils eine längere Geschichte in drei Akten erzählen und dazu eine_n Regisseur_In wählen. Während sich Robert Lansing vom Fastfood den Titel des Actionfilmes „Der Bringer“ vom Publikum geben ließ, holte sich Tim-Uwe Georgi das Ereignis „Hornissen-Attacke“  für „Wir 2“ ein. Der früher auch für Theatersport Berlin improvisierende Schauspieler zeigte hierbei zwar ein glücklicheres Händchen als sein gegenüber, doch mussten die Zuschauer leider zwei relativ sinnlose Geschichten erleben, die zwar wieder den einen oder anderen Lacher brachten, denen es an Erzählstruktur jedoch leider mangelte. Den einzigen wirklichen Höhepunkt konnte erneut Tim-Uwe Georgi landen, als er als letzter Überlebender der finalen Szene einer bis dato unsinnigen und keineswegs mit dem Titel verknüpften Geschichte den Rahmen wieder schloss: „Jetzt bin ich der Bringer!“.
Ob sie nun nicht konnten, wollten, oder einfach einen schlechten Tag hatten: Eine unterhaltsame, inhaltlich aber dennoch unter dem Niveau des Festivals zurückbleibende Show.

Muss denn immer einer gewinnen?

In der letzten Show des 2. Internationalen Theatersport Cups VOR dem großen Finale fanden sich am Samstagabend den 22.09.12. zur 22-Uhr-Show zwar leider weniger Zuschauer_Innen als in den Vorstellungen zuvor im BKA-Theater am Mehringdamm ein, aber für diese späte Stunde trotzdem noch beeindruckend viele. In der zweiten Show der „Langen Nacht des Impro“ sollte nun der Finalgegner der Rocket Sugar Factory (Wien) ermittelt werden. Christoph Jungmann hatte als Moderator die Aufgabe zusammen mit Musiker Uwe Matschke durch den Abend zu führen und für eine Entscheidung zwischen Wir 2 (Schweiz) und Compagnie Combats Absurdes (Lyon) zu sorgen.

Apathische Inhalte

Tim-Uwe Georgi setzt den Publikums-Knirps als Satellitenempfänger ein / Foto: Sören Boller

Für die erste Szene, die mit einem gemischten Team gespielt wurde, fragte Moderator Christoph Jungmann nach einem mitgebrachten Gegenstand. Ein „Knirps“ war das Ergebnis, mit dem die Improvisateure kurze „Freeze Tags“ spielen sollten. In der nächsten Szene wurden alle Schauspieler einzeln mit Gefühlen ausgestattet wobei Marc Schweyer von der Compagnie Combats Absurdes ein besonders schweres Los zog: Apathie. Doch sogar das typische „Impro-Totschlag-Gefühl“ konnte den Lyoner nicht davon abhalten immer wieder wichtige inhaltliche Impulse zu setzen und vor allem eine den Abend prägende Figur einzuführen: Der alte Vater! Dieser spielte auch in der folgenden freien Szene von Compagnie Combats Absurdes eine wichtige Rolle.

Die Publikumsvorgabe „Größenwahn“ verstanden die Franzosen trotz Wörterbuch als „Großraumwagen“ was letztendlich zu einer Szene „Größenwahn im Großraumwagen“ führte, die zwar dem Namen des französischen Ensembles in Punkto Absurdität alle Ehre machte, jedoch trotzdem in spielerischer Qualität durch starke Charaktere (auch ein alter Vater), beachtenswert war.

Gemeinsam ist besser

Marc Schweyer wurde von einer Zuschauerin in diese Position gebracht, wo er die Szene beenden sollte / Foto: Sören Boller

Zwischenzeitlich war schon fast zu vermuten die Franzosen würden punktemäßig einfach davonziehen, als Wir 2 bei denen mit Tim-Uwe Georgi auch ein ehemaliger Theatersport Berlin-Spieler vertreten ist, vor allem mit musikalischen Mitteln Boden gut machen konnte. In der zweiten Hälfte wurden die beim Theatersport Cup typischen Langformen unter Regie eines Improvisateurs gespielt. Auch hier wurden jegliche Szenen mit Beteiligung des französischen Teams einerseits absurd, andererseits aber auch wagemutig und körperlich artistisch.

Der erwähnte alte Vater tauchte weiterhin in verschiedensten Variationen in allen Szenen auf. Auch wenn die Geschichten letztendlich noch rund geworden sind, wird dieser Abend nicht als derjenige mit den am besten erzählten Storys in die Impro-Annalen eingehen. Zum Schluss stand es auch nach der Zugabe aufgrund einer meisterhaft vorgetragenen Oper des Schweizer Duos 13:13 unentschieden, so dass Moderator Christoph Jungmann kurzerhand ankündigte jeweils einen Spieler beider Teams in das Finale am Sonntag-Abends in die Komödie am Kurfürstendamm gegen die Rocket Sugar Factory entsenden zu wollen. Auch wenn die Compagnie Combats Absurdes den Finaleinzug aufgrund ihrer Technik vielleicht mehr verdient hätten, ein wirklich schöner Schachzug, der auch ein wenig dazu beiträgt, den Theatersport wieder mehr als etwas Verbindendes zu sehen als etwas Konkurrierendes.

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