IMPRO 2016: Kein Interview und kein Festival

von Thomas Jäkel:

Wenn Glück auf Glück im Zeitenstrudel scheitert.– Goethe, Faust

IMG_20160301_123651BERLIN – Eigentlich sollte es das alljährliche Vorgespräch zwischen Christoph Jungmann von Die Gorillas und mir zum internationalen Improfestival werden. Anders als in den letzten Jahren trafen wir uns nicht im Festivalbüro unter dem Ratibortheater (wo es gern mal frisch und ungemütlich ist), sondern ich schlug ein hippes Café in Mitte vor. Wir trafen uns also am sonnigen Dienstag im Café Oslo auf Kaffee und Gespräch. Anders als in den Jahren zuvor war auch, dass ich nicht meinen betagten MD-Recorder mitnahm, dessen Aufnahmen ich immer langwierig überspielen muss, sondern direkt mit meinem Smartphone und der Auphonic-App zur Tat schritt. Oh Wunder der Technik, die einfach in die Hosentaschen passt. Doch trotz Test verstanden sich App und Phone nach einigen Minuten nicht mehr und ich erhielt im Nachhinein eine unanhörbare Aufnahme. Und das war extrem anders, als in den vergangenen Jahren …

Nun steh ich hier, ich armer Tor und bin so arm (an Aufnahmen) als wie zuvor.– Goethe, Faust (leicht verändert)

Internationales Festival Impro 2016 Berlin

Doch ist es nicht das Scheiter heiter, was uns die Improvisation lehrt? Also berichte ich nun über ein unerhörtes Interview. Und um unzählige Leser für meinen Post neugierig zu machen, habe ich ihn mit der größten News überschrieben, die das Interview zu bieten hatte: Es wird KEIN Festival geben.

In vollem Bewusstsein begebe ich mich hier auf das schreierische Niveau des Boulevards. Ja, kein Festival, aber erst 2017. Christoph Jungmann verriet, dass es im kommenden Jahr kein Improtheaterfestival in Berlin geben wird. Er und das Orgateam legen eine Pause ein, sie wollen einen Schritt zurück treten und sich für eine Neuausrichtung oder Neuauflage sammeln. Wenn ihr also eure liebgewonnenen internationalen Freunde noch einmal sehen wollt, solltet ihr die IMPRO 2016 nicht auslassen.

Welch Schauspiel! Aber ach! ein Schauspiel nur! – Goethe, Faust

Dies Faustzitat könnte auch auf die IMPRO 2016 passen, denn die vielen parallelen Shows machen es einem nicht leicht, sich zu entscheiden. Mit Christophs Hilfe kann ich nun gleich macro meine drei Empfehlungen aussprechen:

IMPROV WITHOUT BORDERS

Am 12. März gibt es weltweit die Aktion Improv without Borders. Aus dem Programm des Festivals geht nicht genau hervor, was in den sechs Festivalshows gespielt wird. Diese Frage hatte ich auch Christoph gestellt, worauf hin er versprach, dass man noch mehr Informationen über die Shows und deren Spieler veröffentlichen würde. Doch egal zu welchem Schauspiel ihr da gehen werdet, es ist nicht nur eine Show, sondern hier werden die Einnahmen gespendet. Man lässt sich also am Abend köstlich unterhalten und tut etwas Gutes.

A PLACE TO BE

Mo 14., Di 15., Do 17. März – English Theatre Berlin

Oder wie es für viele heute heißt “or not to be” wird das Thema des Abends sein. Eine gewissen Müdigkeit, was das Thema Flucht betrifft, lässt sich überall feststellen. Da hier aber Farah Shaer und Lucien Bourjeily aus dem Libanon vorher mit dem gesamten Cast des Festivals arbeiten werden, verspricht uns dieses Format eine unberechenbare Mischung und Vielfalt. Über kulturelle Schranken hinweg soll kommuniziert werden – über Verstehen und Missverstehen hinweg.

OUR LIVES

Freitag 18.03. 20:00 – Englisch Theatre Berlin

Ach Gott! die Kunst ist lang; Und kurz ist unser Leben.” sagt Wagner in Goethes Faust und hätte er OUR LIVES gekannt, so hätte er ausgerufen: “Ach Christoph! die Kunst ist spontan; Und vielfältig ist unser Leben.” Dieses Format gab es bereits im letzten Jahr und ich hatte darüber einen Artikel gepostet, der kritisch auf das unfertige Experiment blickte. Nun ist das Konzept überarbeitet und es gibt einen neuen Versuch, die nationalen Eigenarten der SpielerInnen zu Themen wie Liebe, Familie, Arbeit, Weihnachten oder Essen auf die Bühne zu bringen. Wenn das nicht allein Grund genug ist, sich dieses Format anzusehen.

Soweit meine Empfehlungen. Und während ich diesen Artikel schrieb, konnte ich mit Christoph Jungmann einen neue Termin für einen zweiten Interviewversuch ausmachen. Also Scheiter weiter heiter!

Das Programm der IMPRO 2016: www.improfestival.de/spielplan

Thomas Jäkel
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