Impro 2015: Die Hoffmanns 1925 – Beginn der Familiensaga

von macro:
BERLIN – Am Montag den 16.3.2015 begann im vollbesetzten English Theater im Rahmen der IMPRO 2015 “Die Hoffmanns – eine Berliner Familiengeschichte”. Die insgesamt 6 Teile spielen jeweils in einer anderen Zeit – beginnend 1925 entspinnt sich die Familiensaga weiter mit den Stationen 1937, 1955, 1970, 1990 und 2015.

Die Hoffmans. A Berlin Family Story.
Mignon Remé läßt die Charaktere und ausstatten

Zu Beginn wird das Grundsetting der Familie vom Publikum festgelegt. Mignon Remé (hidden shakespeare), Regisseurin der ersten beiden Zeiten fragt nach dem Familienstand und Namen der Hauptfiguren und wer von den insgesamt neun Spielern, die alle in passenden Kostümen der Zeit auftreten, diesen Character verkörpert. Die Hoffmanns sind Banker Günter (Thomas Chemnitz, Die Gorillas) und seine Frau Käthe (Naomi Snieckus, The National Theatre of the World) sowie deren Kinder Alfred (Jim Libby, English Lovers) und Ingeborg (Rama Nicholas, Impro Melbourne). Es wird noch der Geschäftspartner des Vaters Heinz Krüger (Randy Dixon, unexpected productions) definiert, die anderen Spieler bleiben vorgabenfrei. Mignon Remé fragt das Publikum noch nach Ereignissen aus der Zeit, Verkehrsmitteln, Politik und Lebensstil. Obwohl eine ganze Menge abgefragt wird, wirkt es keinesfalls langatmig, sondern schön auf den Punkt. Die Familiengeschichte beginnt.

Die Hoffmanns 1925

Die Bühne ist zweigeteilt – die linke Bühnenhälfte dominiert ein großer Tisch mit mehreren Stühlen und wird zum Wohnraum der Familie. Der rechte Teil der Bühne bleibt frei und bietet flexibel Raum für diverse Locations. Es beginnt mit einer Familienszene und wir lernen die Charaktere kennen. Es gibt keine harten Schnitte außer einigen Schwarzblenden vom Licht (das sonst die Bühnenausleuchtung oft etwas zu dunkel hielt für meinen Geschmack). Die Figuren treten frei auf und ab. Geschickt werden Fokuswechsel von den Spielern zwischen den Bühnenhälften benutzt (unterstützt vom Licht), um die Handlung voranzubringen und uns über die Motivation der Figuren aufzuklären. Ebenso werden von diversen Figuren innere Monologe gehalten, was eine schöne Nähe zu den Personen erzeugt.

Die Hoffmanns
Die Hoffmanns. Naomi Snieckus, Rama Nicholas, Thomas Chemnitz und Jim Libby

Das Ensemble spielt großartig zusammen. Besonders Naomi Snieckus und Jim Libby setzten ihre Mitspieler_innen mit präzisen Angeboten toll in Szene, so dass alles leicht und natürlich erscheint. Ebenso Thomas Chemnitz als steifer und bürgerlicher Preuße überzeugte mich sehr in seiner Rolle. Und auch die Nebencharaktere (Luise Schnittert, Konstanze Kromer, Roberto Garelli, Beto Urrea) spielten stark und hatten einen Blick dafür, was gerade fehlte. Leichte Missverständnisse werden sofort geklärt, vieles wirkt sehr geschmeidig und stark im Zusammenspiel als Team. Schauspielerisch sind alle stark, Naomi Snieckus könnte ich mir stundenlang bei staubsaugen und schüchternen flirten mit einem Reparateur ansehen.

Mixed Fokus
Mixed Fokus: Beto Urrea und Naomi Snieckus sowie Randy Dixon und Luise Schnittert

Der Zeitbezug zu Berlin bleibt etwas unterbeleuchtet. Wir sehen zwar sowohl Upperclass wie auch Arbeiterklasse, aber die konkrete Zeit um das Jahr 1925 bleibt eher schemenhaft. Publikumsvorgaben wie Inflation, Nazionalszialisten, Kommunisten oder die U-Bahn wurden nicht aufgegriffen. Dafür entwickelte sich die Beziehungsebene innerhalb der Familie sehr stark. Und auch so wurde es eine sehr komplexe Geschichte, und es war gut, nicht jeden Strang weiterzuführen.

Berlin 1925
Berliner Party- und Konzertleben 1925. An der Musik: Rudi Redl

Dan Richter schrieb als Chronist die Ereignisse mit – und das in der Pause sichtbar per Beamer, was mir sehr gut gefällt. Die Mitschriften werden täglich veröffentlicht und an Zuschauer und Spieler verteilt, um die Geschichten wirklich aufeinander aufbauen können. Und ein kleiner gesetzter Cliffhanger am Schluss war ein smarter Zug. Ich hörte von etlichen Zuschauern nach der Show, das sie unglaublich gern wissen würden, wie es weiter geht. Und mir geht das auch so. Diese Familiensaga zeigt, wie stark Improtheater im Zusammenspiel sein kann.

Mehr Fotos gibt es auf dem Impro-News Google Plus Kanal.

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