Impro 2014: Das isses!

von Simona Theoharova:

Impro 2014BERLIN – Am Sonntag, den 23.04.2012 spielten im Bühnenrausch Karin Mietke (ImproBerlin), Ilona Lentz (Theater ohne Probe, Berlin), Roland Peter (Theater am Puls, Bern, Schweiz), Lorenz Kabas (Theater im Bahnhof, Graz, Östereich), Leon Düvel (Die Gorillas, Berlin) und der Musiker Gilly Alfeo (Springmaus, Bonn) im Rahmen des Internationalen Festivals einen Abend in zwei Teilen, der nicht hätten unterschiedlicher sein können.

Teil 1: Zeigt her eure Spiele(r)!

Im ersten Teil des Abends stellte jeder der Spieler sein Lieblingsspiel vor:

Lorenz schickte ein Replay ins Rennen, bei dem zunächst zwei Protagonisten eine Szene mit viel Bewegung spielen. Diese wurde von zwei weiteren Spielern gesehen aber nicht gehört und danach von ihnen erneut gespielt- aber mit eigener Auslegung und neuem Text.

Ilona machte es für die Spieler etwas komplizierter und schuf einen Doppelraum auf der Bühne, wobei die Verbindung zwischen den Räumen auf der Außenseite war. Jeweils zwei Spieler bespielten ein und denselben Charakter auf entgegengesetzten Seiten der Bühne. Gingen auf der linken Seite die Spieler ins off, mussten die anderen auf der rechten Seite im ‘Nebenzimmer’ auftreten und direkt anknüpfen. Wie vom Publikum gewünscht, spielte es in einer Arztpraxis in den 60ern.

Im dritten Spiel forderte Leon die an dem Abend sehr gut aufgelegte Karin in einer Pantomimeperformance ganz ohne Sprache. Ihr Spielpartner Lorenz hingegen durfte ab dem vorgegebenen Satz ‘Mein Zug fährt morgen um 10:30 Uhr’ reden soviel er wollte. Eine rührende Geschichte mit Erotik und Mitgefühl für die Verschmähte belustigte die Zuschauer.

Nun war Karin an der Reihe und übergab vier Zuschauern die Regie. Diese mussten ihre Hände schütteln und spontan auf ein Signal hin Finger zeigen. Die Anzahl entsprach einem der vier Spieler und jeder, der gewählt wurde, durfte spielen. Die Ortsvorgabe ‘Metzgerei im Wald’ führte zu einer emotionalen Schweineschlachtungsszene mit Gesangseinlage von Seiten des Schweins (Lorenz).

Danach wurde es heiß. Das Licht ging aus und Roland schenkte jedem Spieler eine kleine Kerze. Wurde sie angezündet, war der Spieler im Spiel, erlosch sie, war er raus (siehe auch den Artikel Games aus aller Welt). Was romantisch mit einem Candlelightdinner des Burgfräuleins begann, wurde schnell zu einem atmosphärischen Intrigen- und Versteckspiel.

Das letzte Spiel der ersten Hälfte kam von Gilly. Wie sollte es anders sein- es wurde ein ‘es klingt nach einem Lied’. Leider kamen die Lieder anfangs nicht über den ersten Vers hinaus. Als sich aber eine wunderbare Wüstengeschichte mit Körpereinsatz aller Beteiligten entwickelte, wurde am Ende sogar ein Duett geträllert.

Insgesamt war die erste Hälfte sehr abwechslungsreich, bot aber nicht allen Spielern den Raum, den sie zum Entfalten brauchten, wie die zweite Hälfte zeigen solle.

Teil 2: Revolution!

Mit ‘Das Isses!’, schrieben die Organisatoren den Abend aus und dachten dabei wahrscheinlich nicht an einen Karottenaufstand mitsamt Publikum. Doch genau der brachte ein totalitäres Regime zu Fall und rettete die Welt! Oder zumindest den Berliner Flughafen BER und die Wiesen in Königs-Wusterhausen.

Doch der Reihe nach.
Nach der ersten Hälfte wurde Roland Peter vom Publikum auserkoren, die Hauptfigur der nun folgenden Story zu spielen. Mario sollte er heißen, ein Flugzeuge beobachtender Königs-Wusterhausener.

Es entwickelte sich eine klassische Helden-Geschichte in der Mario auf dem Tiefpunkt seines Daseins gelangte: kein Job, keine Frau, keine Flugzeuge mehr und bald sollte sein Haus dem Erdboden gleich gemacht werden.

Nebengeschichten wurden gekonnt etabliert und eingeflochten, Charaktere gut gezeichnet. Lorenz österreichischer Hintergrund inspirierte zu einer geschichtlich-politischen Rahmenstory, bei der sich die Spieler nicht scheuten, das Naziregime deutlich zu machen und zu karikieren.

Besonders ergreifend war allerdings der zum Happy End führende Aufstand des Gemüses. Spontan schloss sich das Publikum an, als Leon und Roland dazu aufforderten, dass alle Karotten ‘unser Land’ murmelten. Aus dem murmelnden Karottenpublikum wurde ein Revolutionsheer. Nach und nach erhoben sich die Zuschauer, um die Karottenarmee im Kampf gegen das bösartige Regime zu unterstützen. Und so siegten Salate, Kartoffeln und ca. 70 Zuschauerkarotten. Die Schönheit kam zurück nach KW.

Den gesamten Abend über harmonierten die Spieler sehr gut miteinander und zeigten Impro auf einem hohen Niveau. Lustig waren auch die Zugaben, die den BER aufs Korn nahmen und das Publikum mit einem schönen Abschlusslied verabschiedeten. Mein persönlicher Favorit war die zweite Hälfte, in der vor allem Lorenz, Roland und Karin noch einmal bewiesen, aus welchem Improholz sie geschnitzt sind.

Thomas Jäkel
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