Improv – Made in Tel Aviv – Inspiring Berlin

von Sören Boller:

BERLIN – Präsentiert von den Gorillas begrüßte das Ratibor Theater am Abend des 06. Dezember 2012 „3Falling“ aus Tel Aviv um Inbal Lori, die den aufmerksamen FestivalbsucherInnen noch von der Impro 12 bekannt sein sollte. Mit einer kleinen Tanzeinlage zur von DJ Martzianno gespielten Musik groovten die vier Improvisateure mit imaginären Musikinstrumenten auf die Bühne und bedankten sich beim Berliner Publikum zuerst für den gefallen Schnee.

Armando

3Falling
3Falling – Foto: Sören Boller

Das „Armando“ genannte Improvisationsformat funktionierte ähnlich dem bekannten Herold, bei dem zu einem Wort vom Publikum eine/r der SpielerInnen einen kurzen Monolog hält und davon inspiriert mehrere Szenen folgen. Als erste inspirierende Vorgabe wählte Inbal Lori dann auch gleich wieder den Schnee aus. Die Szenen von Roy Zadok, Alon Neuman, Muli Shulman und Inbal Lori konnten das Publikum von Beginn an begeistern. Mit einer enormen, aber keinesfalls übertriebenen Körperlichkeit zauberten die Vier unterschiedlichste Szenen um ein Trio, welches auf dem Weg zu einem Nacktfestival versehentlich einen Polizisten ermordert, um eine Beduinengesellschaft, die während der Kaffeezubereitungszeit einem Vorbeiziehenden das Glück seines Lebens beschert bis hin zu einer Jazz-Band, die sich eine Minute vor einem anstehenden Konzert auflöst.

Mut zum Außergewöhnlichen

Alle gespielten Szenen überzeugten durch einen stringenten Aufbau der Story und vor allem einem unübertrefflichen Mut zur Konsequenz. Mit starken Charakteren und wahrhaftiger Spielweise liefen viele Geschichten ins Tragische ohne dabei in irgendeiner Weise „gekünstelt“ zu wirken. Beachstenswert waren zusätzlich die durch anspruchsvolle Pantomime enorm plastisch gewordenen Schauplätze, was auch das Publikum zum Ende der ersten Hälfte durchaus hoch honorierte.

Don´t hurry, be 3Falling !

Nach der Pause wurde eine Langform gespielt, die diesmal nicht von einem Wort, aber von einer Lebensweisheit angeregt sein sollte. Neben verschiedenen Vorschlägen entschieden sich die Improvisateure für „Don´t hurry!“. Das Motto selbst tauchte zwar nicht wieder direkt auf, die Geschichte wurde aber nichtsdestotrotz zu einer erzählenswerten:

3Falling
3Falling – Foto: Sören Boller

Ein von Schlaflosigkeit geplagter Mann erwacht, versucht sich an Online-Frühsport, scheitert jedoch an den Übungen, weil sein offenes Bier und die brennende Zigarette seine Bewegungsfreiheit stark einschränken. Schnell offenbart sich der Grund für seine zunehmende Unzufriedenheit: Die gemeinsame Tochter, die er mit seiner Frau hat, ist nicht nur nervig, sondern sogar teuflisch veranlagt. Sie beansprucht jede freie Sekunde, zerlegt seine Nerven systematisch und ist sogar gewalttätig. Da hilft auch die kleine Affäre nichts, die er seit einiger Zeit unterhält. Er empfindet nichts für sein eigenes Kind, schämt sich dafür auch, doch wie es der Zufall so will, wird ihm ein aktives Handeln gar nicht abverlangt: In seiner Stammkneipe trifft er eines Abends eine zwielichtige Gestalt, die ihm anbietet seine Tochter für ihn zu töten, damit er wieder ein normales Leben führen kann. Er willigt schlechten Gewissens ein, doch kurz bevor der Auftragskiller zuschlagen will, gehen ihm die Nerven durch.

Anstatt, dass der Unbekannte seine Tochter umbringen kann, tötet der Mann den beauftragten Killer. Es scheint alles schief zu laufen, als sich auch noch heraus stellt, dass seine angebetete Affäre ebenfalls verheiratet ist. Das Glück kommt dann aber doch noch, als der Mann seiner Affäre sich anbietet die Leiche des Auftragskillers zu entsorgen, dabei das teuflische Kind entdeckt, sich sofort verliebt und es anstatt seiner Frau mitnimmt.

Eine meisterhaft erzählte Geschichte, die nicht nur spannend und bewegend war, sondern auch extrem lustig, dabei kam sie allerdings ohne einen einzigen „Gag“ aus.

Das begeisterte Publikum feierte „3Falling“ anschließend zu recht mit einem besonders langen Applaus. Danke „3Falling“ und hoffentlich bis bald in Berlin!

Links:

www.3falling.com

http://www.die-gorillas.de/

http://www.impronale.de

Thomas Jäkel
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3 thoughts on “Improv – Made in Tel Aviv – Inspiring Berlin”

  1. Ich besuchte den gleichen Abend bin aber komplett anderer Meinung….auf der Bühne war für mich nur ein komplettes rum ge Bosse , bis auf die erste nonverbale Szene des Verkehrschaos war es meiner Meinung nach ständig eine Person die der anderen sagt daß sie falsch liegt und mit dieser Haltung die Geschichte dominiert nebenbei war eine krasse gewaltvolle Stimmung präsent auf der Bühne …Figuren werden von anderen gedemütigt zu Handlungen gezwungen…oder Frauen (von Männern dargestellt) die nach dem sex schmerzen zeigen wegen brutalem Sex aber dann doch ihren Typen lieben…ich hab auch wenig sehen können das Figuren sich verändern oder stati wechseln und wenn sie ey tun wie ein Polizist der sich einem nudistencamp anschliessen will..werden sie die KLippe runtergestossen.

    Der Spieler der den Killer für sein baby engagiert… (ja auch ein sehr gewaltiger plot)…musste von seinen Kollegen dreimal durch eine loop der Geschichte gejagt werden bevor er das Angebot der Geschichte an nimmt….in der Zwischenzeit war für mich die Geschichte mit dem bade…..
    Die Aggro Stimmung schwang für mich die ganze Show mit und hätte benannt werden müssen. ..aber vielleicht schwingt einfach viel mit wenn israelische Spieler in Berlin impro visieren….so war vielleicht auch einigen nicht klar wieso der Vorschlag … Züge. .von dem Spieler mit den Worten ..we dont want to see no trains here…kommentiert wurde..

    Wiegesagt für mich ein aufwühlender Abend..aber keine grossartige Show.

    LG
    T

  2. Ich möchte diese Kritik hier selber nicht so stehen lassen , weil Sie sich nur auf meine Wahrnehmung bezieht , das Publikum fand die Show offensichtlich gut und jeder der Spieler wusste mit seinen Qualitäten gutes Entertainment zu bieten….also …no harm done but a lot of pleasure provided …so ich habs gesacht !

    LG

    T

  3. Ja, aber es ist Dein gutes Recht eine Show auch Scheiße zu finden und das hier in einem Kommentar hinzuschreiben. Die Kunst der Improvisation ist eine einmalige und jeder Versuch kann scheitern oder Erfolg haben. Man vermag nicht jeden zu berühren und es ist doch interessant etwas kritisches zu sagen, wenn es aus einer Analyse stammt.

    In Halle konnte ich 3Falling erleben und meine Bewertung des Abends beinhaltete ein globales Lob und eine strukturelle Kritik. Dafür wurde mir aber gedankt, denn es war den SpielerInnen wertvoller eine inhaltlich fundierte Kritik zu hören, als ein auf Festivals oft verbreitets allgemeines “Danke, war schön”. Klar, wir müssen mit Kritik vorsichtig sein, aber ohne geht es auch nicht. Deshalb halte ich es mit Brecht:
    “Denn wovon wird einer klüger? In dem er zuhört und indem man ihm etwas sagt.”

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