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Von Bären und armen Astronauten – die Changeroos in der Brotfabrik

von Stephan Holzapfel:

„Die Abgabefrist war anders nicht einzuhalten.“ Dank Daniel von den Changeroos wissen wir nun, warum der Mensch so fehlerhaft ist: Gott konnte sich eine Konventionalstrafe damals nicht leisten und musste die Krone der Schöpfung unausgereift abliefern.

Die Spielfreude ist den 5 Changeroos an diesem Abend (21.02.10) anzumerken, sie zeigen schönen körperlichen Einsatz, besonders Daniel ist hier zu loben, der außerdem wunderbar unglücklich gucken kann. Energetisch ist aber sicher noch ein wenig Luft nach oben. Immer wieder gelingen den Spielern starke Wendungen: Eine Frau setzt ihrem Mann einen Haarreifen auf (Gegenstand aus dem Publikum). Er wird erregter, sie klebt sich einen Schnurrbart an, er freut sich auf das Rollenspiel. Ja, ja, so eine Standard-Sex-Szene denke ich. Doch dann sagt die Frau: „Dann mal ab in die Küche, den Abwasch machen.“ Sehr erfrischende Umdeutung des „Rollenspiels“! Hier wäre der ideale Punkt zum Beenden, doch der wird verpasst, das passiert an diesem Abend leider häufiger, deshalb labbern manche Szenen etwas aus. Hier wünsche ich den Changeroos mehr Mut zum Schnitt.

Die Spieler zeigen großes Potential, das weiter entwickelt werden sollte, denn noch gibt es kleine technische Unsicherheiten, z.B. beim Zettel-Spiel: Die vom Publikum aufgeschriebenen Sätze werden nur nebenbei gerechtfertigt, sie verändern die Geschichte nicht wirklich, die Zettel werden zu schnell hintereinander aufgenommen, es wird auch nicht immer klar, was auf dem Zettel steht und was der Spieler hinzufügt, es endet in einem ziemlichen Durcheinander. Vielleicht sind zwei Vorgaben neben den Zetteln auch schon zu viel.

Bei den meisten Szenen fehlt aber nur ein bisschen Konsequenz, um sie richtig gut werden zu lassen, ein gutes Beispiel ist vielleicht die Geschichte mit dem Berlinale-Bären:

Erste Szene des „Siegerfilms“: Ein brummender Bär mit Spielzeug, seine Betreuerin ist bei ihm.

Zweite Szene: Bär sitzt im Schneidersitz, guckt unglücklich, raucht. Betreuerin: „Ist das deine Vorstellung von Freiheit?!“

(Wirkungsvoll, weil die Szene mit einem deutlichen Unterschied von Emotion und Körper im Vergleich zur ersten Szene beginnt. Ein körperliches Angebot ist ja oft auch sehr viel stärker ist als ein verbales. Schön auch die Sinngebung der Zigarette als falsches Freiheitsversprechen, hier besonders passend, da der Bär ja eigentlich ein Wildtier ist.)

Doch der Bär misstraut den Bärinnen im Wald, sie wollten immer nur das eine: seine Kreditkarte und eine größere Höhle.

(„Größere Höhle“ ist stärker als „Kreditkarte“, denn ersteres passt zur Bärenwelt, letzteres nicht.)

Letzte Szene: Bär glücklich mit Bärin, er zeigt ihr seine große Höhle mit Tiefgarage.

(„Tiefgarage“ passt nicht zur Bärenwelt, „Winterschlafzimmer“ o.ä. wäre besser. Vor allem aber wird nicht klar, warum der Bär sich nun wohl fühlt. Bärinnen, die auf Status Wert legen, waren ihm ja gerade noch ein Gräuel. Hier fehlt die Rechtfertigung für diese Veränderung.)

In der Zugabe am Ende der Show wird die Geschichte gerettet: Die Bärin ist unzufrieden, sie möchte eine größere Höhle. Der Bär ist wieder unglücklich.

(Viel besserer Schluss, da nun auch die ersten Szenen integriert sind. Die letzte Szene erklärt seine Angst vor den Bärinnen und bestätigt sie. Die zwischenzeitliche Veränderung bleibt zwar unerklärt, doch das kann der Zuschauer auffüllen: Er hat es halt noch mal versucht. Vielleicht war es auch eine Rückblende.)

Die Vorgabe „Honigbär“ wurde übrigens doppelt versüßt: zum einen bekamen die Zuschauer für jeden Vorschlag eine Mini-Tüte Fruchtgummi. Zum anderen nannte die Bärin ihren Partner pfiffig „Honey.“

Das mehrstimmige Singen klappt zwar noch nicht, doch ansonsten entsteht gesangsmäßig schon viel Schönes, Gruppenjüngste Charlotte hat sogar Popsänger-Qualitäten, sie ist auch mit eigenem Gesangsprogramm unterwegs. Ihre improvisierten Texte langten an dem Abend zwar noch nicht ganz an ihre Stimme heran, doch man freut sich trotzdem über ihre Auftritte.

Abschließend wird ein Charity-Song für arme Raumfahrer gesungen, deren Raumstation leckt. Zum Glück haben sich die 12 Zuschauer in der Brotfabrik zwei Zugaben erklatscht, denn dieser Song hat wirklich Spaß gemacht.

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