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Nur solide Hausmannskost

von: Zwackelmann

Dass Jugendliche Impro lieben, wusste schon Keith Johnstone: “Theatresports appeals to teen-agers because it’s risky” (s.u.). Zwei zehnte Münchner Schulklassen dominierten die Atmosphäre der “Knack den Jackpot”-Show von Paternoster am Mittwoch (27.01.10): Jede sexuelle Andeutung wurde lautstark bejubelt, den ersten Wellenpunkt gab’s für die pantomimische Darstellung eines Dildos. Der Moderator hatte allerdings nicht nachdrücklich versucht, das Feingeistige im Nachwuchs zu wecken: Nachdem er klargemacht hatte, dass Lautstärke zählt, bekam er zum Dank regelmäßig ein markerschütterndes Gebrüll halbstarker Kehlen zu hören. Nichts für den reiferen Impro-Gucker.

Auch die 3 Schauspieler konnten es nicht rausreißen. Sie agierten solide, aber für eine Profi-Gruppe etwas lahm. Nicht wirklich starke Charaktere, wenig Bewegungslust, ab und zu spannend, auch witzig, aber irgendwie auch nicht so richtig. Sicher war dieses Publikum bei der Entwicklung schöner Szenen nicht behilflich und so blieb kaum etwas in Erinnerung. Virtuos war einzig der “Du bist es nicht mehr”-Song von der gelernten Musicaldarstellerin Nini S., die auch in der abschließenden Oper als Eichhörnchen mit neckisch peitschendem Schwanz den Kritiker beeindruckte. Die vom jugendlichen Münchner Publikum nachdrücklich geforderte Vorgabe war “Oachkatzlschwoaf” (bayerisch für “Eichkätzchenschweif” – beliebtes Wort, um Nichtbayern bloßzustellen). Dass das Ganze dann nicht wirklich zündete, lag allerdings nicht am Wort (das nach zögerlichem Akzeptieren doch stimmig und korrekt ausgesprochen umgesetzt wurde); nur Sprechgesang reicht für eine Oper dann eben doch nicht und ein wenig schief klang es leider auch.

Dass der 98-Euro-Jackpot an einen Münchner Zehntklässer ging, ist sicher schön für ihn. Der Impro-Freund hätte sich statt langwieriger Punktevergabe-Erläuterungen dann aber doch etwas mehr gespielte Szenen gewünscht.

Ein schwerer Abend für Paternoster! Bei der nächsten Jackpot-Show, immer mittwochs um 20:00 im Maschinenhaus der Kulturbrauerei, wird aber sicher wieder alles anders sein.

Das vollständige Zitat von Johnstone lautet übrigens:

Theatresports appeals to teen-agers because it’s risky. Teens who would despise any conventional ‘cultural’ performance, will go through considerable hardship to take part in our shows because they get to practise exactly those interpersonal skills that they are desperate to improve. Their self-confidence and “grace under fire” are the abilities that posh English schools like Rugby and Eton struggle to instill (although their methods are a bit different).
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