Impro 2018 – Our lives: Mauern als großes Symbol

Impro 2018 - Our lives: Walls

BERLIN – Am 18.3.2018 gab es die erste von zwei Shows “Our Lives: Walls” im Rahmen des Festivals IMPRO 2018 im gut besuchten English Theatre. Mathieu Loos (Frankreich) hatte als künstlerischer Leiter für dieses Format das Thema “Mauern” gesetzt. Im nachfolgenden Gespräch benannte er als die Inspiration für dieses Format die Unmittelbarkeit von Grenzen und Mauern für die Identität – wie Haut uns Menschen begrenzt und gleichzeitig durchlässig sei.

Im geräumigen English Theatre traten die 6 Spieler*innen Antonio Vulpio (Italien), Heather Urquhart (Großbritannien), Julie Doyelle (Frankreich), Kaspars Breidaks (Lettland), Malcolm Galea (Malta) und Zsuzsi Várady (Ungarn) gemeinsam auf und begannen sich in ihrer jeweiligen Muttersprache recht zügig gegenseitig als Konflikt wahrzunehmen. Das nicht verstanden werden und nicht verstehen können bildete eine erste Mauer. Das Präludium mündete in einer etwas länglichen Beschäftigung mit Zetteln. Diese kurzen Notizen – ebenfalls in verschiedenen Sprachen – wurden ins Englische übersetzt und besprochen. Alle dort aufgeschriebenen Aussagen hatten etwas mit Mauern zu tun und sollten als Inspiration für die gesamte Aufführung dienen.

Sprache als Mauer

Impro 2018 - MauernEs begann der Hauptakt mit fantastisch abstrakter Musik von Roko Crnić (Kroatien). Die Spieler*innen behielten größtenteils ihre Muttersprache bei, wer wie viel dabei verstand, blieb im Ungewissen. Nur Heather als Britin hatte so etwas wie Deutungshoheit, da sie von den Spielern*innen sowie dem Publikum durchgehend verstanden wurde. Eine Eigenheit vom Spiel mit eingeschränkter Sprachverständigung wurde auch hier sofort sichtbar: die nonverbale Kommunikation fährt bei allen Improvisateur*innen hoch. Das Spiel wird sofort ausdrucksstärker und emotionaler. Ebenso suchen die Spieler*innen mehr Kontakt, denn die Informationen sind ja trotzdem da. So entstehen schöne kleine Szenen. Die Spielart ist fragil. Das nichtsprachliche Rechtfertigen und Integrieren ist aber auch schwerer. Dennoch wohnt dem eine eigene Schönheit inne, das Verständnis der Spieler*innen füreinander war beeindruckend groß.

Mauern kommen und gehen

Impro 2018 - MauernNach einiger Zeit wurde ein Karton als Tisch in eine Szene geholt. Plötzlich wurde dieser Karton – gehalten in Sichthöhe zwischen den Gesichtern – zur visualisierten Mauer. Ein zweiter und dritter Karton kam auf die Bühne und die Spielerinnen erforschten die szenischen Möglichkeiten. Parallel zur Szene bauten andere Spielerinnen die Kartons um, andere Situationen entstanden. Szenen wechseln unmittelbar, aus Umbauenden wurden direkt neue Figuren, Figuren wurden zu Umbauenden. Die Anzahl der Kartons erhöht sich nun fast gleichmäßig, es entstanden immer neue Mauern, es lösten sich immer wieder Mauern auf.

Die Musik von Roko Crnić passte wunderbar zu dieser abstrakten Welt. Mit Loops, Gitarre, Kontrabass und anderen Klanggeräten, die er mitunter unorthodox nutzt, entstand ein futuristischer, rhythmischer Soundtrack – ebenso kryptisch und doch erahnbar wir die Bühnensprachen.

Das Bühnenbild aus mittlerweile über 70 Kartons übernahm immer mehr die Kontrolle, das Spiel geriet mehr und mehr in den Hintergrund. Die visuelle Kraft der Wiederholung mit diesen einfachen Bausteinen wirkte enorm, dazu wurde alles noch ausgesprochen schön vom Licht in Szene gesetzt. Einem bewegenden Monolog von Kaspars Breidaks gelang es, sich gegen die visuelle Kraft zu stemmen und widerlegte nahezu das grundlegende Stilmittel der Show – die Unverständlichkeit der Sprache. Ein wahrhaft theatraler Moment, der so viele Ebenen aufzeigte.

Ich muss zugeben, ich hätte mir mehr Momente in der gemeinsamen Sprache Englisch gewünscht. So blieb die starke Symbolik irgendwie in etwas luftleerem Raum – allerdings in einem sehr sehenswertem.

Impro 2018 - Mauern

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