Impro-Visionen – Experimente zwischen Dingen und Menschen

BERLIN – Mit Impro-Visionen hat sich das FILM RISS THEATER nach eigenen Angaben einen lang gehegten Traum erfüllt. Am Mittwoch den 10. Januar 2018 spielten sie ihr neues Format in der gut besuchten Schaubude Berlin.

Impro-Visonen / Filmrisstheater / Schaubude Berlin

Die Idee ist bestechend schön: Mittels Kamera und Projektor werden Gegenstände aus dem Publikum überlebensgroß auf eine durchsichtige Leinwand projiziert und die SpielerInnen tauchen in diese surrealen Welten ein. Jeweils eine von drei SpielerInnen bedient dabei im Wechsel sowohl den Tisch mit der Kamera und den Objekten, spielt auf der Bühne mit der Projektion oder erzeugt Klänge und spricht Text an einer kleinen Geräuschstation. Eine große und phantasievolle Vielfalt erwartet das Publikum an solch einem Abend.

Eine beeindruckende Vielzahl an Bildern

Das Thema an diesem Mittwochabends hieß “Von Menschen, Göttern und vergifteten Äpfeln” und bot damit eine gewaltige Bandbreite an Assoziationen und Bilderwelten. Zum Einlass schienen die drei Spielerinnen noch mit den letzten Vorbereitungen beschäftigt, bevor sie recht unvermittelt in eine erste Szene starteten. Ein Locher aus durchsichtigem grünen Plastik war auf der halbdurchsichtigen Projektionsfläche zu sehen, dahinter befand sich eine der Spielerinnen, die einzusteigen miemte und es entstand das Bild, sie würde in einem Auto sitzen. Begleitet von mundgemachten Fahrzeuggeräuschen und im Bild vorbeiziehenden Objekten war man an Autofahrten im einem Studio erinnert, wie man sie aus alten Hollywoodklasikern kennt. Diese herzliche Einführung in die visuelle Kraft des Formats war schön und ging dann unvermittelt in ein einfaches “Hallo” über, mit dem wir begrüßt wurden.

Nach einer kurzen Erklärung, dass alles improvisiert sei und einer Abstimmung, bei der sich auf das Arbeits-Du bei diesem Experiment geeinigt wurde, sammelte man eine riesige Fülle an Objekte aus dem Publikum ein. Von den ZuschauerInnen waren viele gut vorbereitet und brachten stimmige Objekte mit. Selbst ein hölzernes Götzenbild, das Gipsmodell eines echten Gebisses, eine Gummiente und ein Handy wurden eingereicht. Nachdem das Götzenbild mittels Kamera allen noch einmal gezeigt wurde und der Eigentümer nach dessen Namen befragt worden war, startete die Performance mit zufälligen Zitaten aus dem Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens.

Meist hinter dem halbdurchsichtigen Vorhang interagierte eine der SpielerInnen mit den klaren bis sehr abstrakt verschwommenen Abbildern der Objekte. Mal war sie in einer Blase gefangen, mal rang sie mit einer Schlange, dann wurde sie von riesigen Zähnen geschluckt oder sprach mit einer überdimensionierten Riesenente. Die Vielzahl der Bilder war beeindruckend und die Möglichkeiten schier unendlich. Daher ist dieses Format sehr ansehenswert, da es großartige Dimensionen aufzeigt.

Was steckt in diesem Bild

Aber leider kam der Abend nicht bei mir an. Das liegt besonders daran, dass für meinen Geschmack zu wenig die skizzenhaften Figuren im Laufe der kleinen Episoden veränderte wurden. Für meinen Geschmack offenbarten die Spielerin hinter der Projektion zu sehr ihre Unsicherheiten und die Frage “Was ist das?” wurde für mich zu oft laut ausgesprochen.

Für dieses innovative Format würde ich mir eine klarere Anmoderation wünschen, damit das Publikum bereit ist, neben den Objekten auch verbale Vorgaben zu geben. Besonders wenn nach einem vorbereiteten Einstieg behauptet wird, es sei alles improvisiert. Ebenfalls wünschte ich mir mehr Szenen, bei denen die Spielerinnen den Mut haben vor oder hinter Leinwand in Figuren einzutauchen und deren Geschichten außführlich zu erzählen. Und ich wünsche mir mehr Antworten auf die Frage: Was steckt in diesem Bild von einem Gegenstand und was erzählt es uns?

Impro-Visionen sind monatlich in der Schaubude Berlin zu sehen.
www.schaubude.berlin

Thomas Jäkel
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