Impro Noir – schattierte Dunkelheit erstrahlt

Anfangstableau: Torsten Nassall, Valentina Werner, Karl (Klavier), Volker Werner, Judith Schäfer – Foto: macro

BERLIN – Am Sonntag den 4.6.2017 wurde zum dritten Mal das volle TIK Nord in atmosphärisches Schwarz getaucht. Das Genre “Film Noir” fasziniert die Spieler*innen so sehr, dass sie das Projekt Impro Noir initiierten. Und es wurde eine stimmige Umsetzung mit Liebe zum Detail.
Die Zuschauer wurden vor der Show gebeten, den Titel des heutigen Stückes auf ein Papier zu schreiben. Beim Eintritt in den Bühnenraum wartete ein Ta­b­leau: die Spieler*innen saßen stumm in einem nebelschwangeren Ambiente, sparsam beleuchtet und umweht von dem melancholischen Wind der inneren Einsamkeit. Das Tauchen der Bühnen in vollkommene Dunkelheit markierte den Beginn. Der Titel wurde gezogen und aus dem Hintergrund verlesen: “Zum Abschied schwarze Tulpen”.

Langsames, intensives Spiel

Volker Werner begann mit einem Auftaktmonolog ebenso aus dem Off und trat langsam nach vorn. Das Licht tastete sich langsam zu ihm hin. Er war an diesem Abend ein klassischer Privatdetektiv mit wenig Arbeit am Tage und Alkoholproblem bei Nacht als Protagonist. Diesen bestimmen die Spieler*innen kurz vor der Show gemeinsam. Das Licht zeichnete nun mehr Bühnenraum und schuf verschiedene Räume, die Judith Schäfer, Torsten Nassall und Valentina Werner mit diversen Nebenfiguren bespielt wurden. In den Dialogen lassen sie sich sichtbar Zeit, was die Wirkung vieler Aussagen erhöht und gleichzeitig Platz für das Spiel mit kleinen Gesten läßt. Kein Satz wird schnell übergangen, alles bekommt Gewicht. Die Story bleibt im Anfang unspezifisch, der Detective Bill Trent fischt ebenso im Dunklen wie die Zuschauer. Nur langsam zeigt sich die Kontur der Geschichte, die mit 8 Nebenfiguren genügend Komplexität hat, um zwei Hälften zu tragen.

Elemente des Noir-Genres

Weitere Monologe der Hauptfigur verraten uns etwas mehr über ihn – für mich vielleicht einen Tick zu wenig. Seine Historie bleibt größtenteils im Dunkeln. Woran er gebrochen ist und welchen moralischen Wert er bewahren, aber in seinem Umfeld nicht durchsetzen kann, wird nur angedeutet. Die unschuldige Dame, die ihn engagiert und an seine Tapferkeit appelliert ist der Antrieb, um in die Machenschaften der russischen Familie Karpov verwickelt zu werden. Diesen Antiheldinnen, Mutter und Tante Karpov, folgt der Plot, um durch überraschende Wendungen hinter der Maske der Unschuld die skrupellose Femme Fatale zu erblicken. Es wird bestochen, geraucht und intrigiert. Und zum Ende werden die Fäden schlüssig zusammengeführt.

Visuell und akustisch stark

Der Musik-Score von Karl, der seine Impro-Premiere an diesem Abend ist elegant jazzig. Ein wirklich beeindruckendes Debüt. Eine Restaurantszene in der ersten Hälfte und das Grand Finale wird von Judith Schäfer im Hintergrund gesungen, im Vordergrund sehen wir die wortlose Szene, beides Gänsehaut-Momente. Dazu das spannungsvolle Licht – gesetzt von Georg Manthey, der mit probt und ein wunderbares Gefühl für die Situationen zeigt – und der dezente Einsatz von Nebel schaffen eine visuelle Atmosphäre, die stimmig das Genre auf die Bühne übersetzt. Gespielt wurde mit kleine Accessoire wie Bestechungsgeld und Pistole, die dem Genre nahe sind. Das ist durch Kleiderwechsel der Figuren – Strickjacken, Tücher, Brillen und Hüte in der Mischung mit pantomimischen Objekten angenehm. Die zahlreichen Figuren sind nicht nur durch wechselnde Kleidung, sondern auch durch Akzent und wiederkehrende Handlungen und Sprichwörter gut unterscheidbar.

Fazit

Eine Genre-Umsetzung, für die sich viel Gedanken gemacht wurde. Diese Liebe zum Detail machen es ebenso wie das harmonierende Ensemble, das Spiel, Musik und Licht atmosphärisch verbindet, zu einem echten Tipp zum Ansehen.

Mehr Informationen: https://www.facebook.com/impronoir/

macro
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3 thoughts on “Impro Noir – schattierte Dunkelheit erstrahlt”

  1. Fabelhaft!! So ein Geheimtipp darf nicht länger geheim bleiben. Wann wird die nächste Impro-Noir Abend?

  2. Erst nach der Sommerpause, am 16. September 2017 gibt es ein erneutes Mal die Gelegenheit.

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