Show of the Dead und was wir von Zombies gelernt haben

Impronalevon macro:

HALLE/SAALE – Die Steife Brise brachte zur Impronale 2013 ihr Zombieformat als Workshop und als Show auf die Bühne. Denn Zombies sind spätestens seit Shaun of the Dead, Zombieland oder The Walking Dead wieder sehr lebendig – wenn das Untoten-Genre überhaupt jemals tot war.

Die gestandenen Hamburger Impro-Spielerinnen und -Spieler der Brise zeigten gleich, wie ein Genreformat mit wirklich viel Liebe zum Detail auf die Bühne gebracht werden kann. Ein Genre für eine Improshow zu erarbeiten bedeutet erst einmal die typischen Elemente zu benutzen – die Abwandlungen und Interpretationen kommen wenn überhaupt dann später. Zombiegeschichten sind eine Unterkategorie von “Monster in the House” (nach Blake Snyder “Save the Cat”). Die Hauptbestandteile der Geschichte sind in dieser Namenskategorie schon enthalten: Monster – in dem Fall Zombies, und das House – was meint, das die Charaktere das Gebiet des Geschehens nicht verlassen können. Und der Rest ist schlicht und ergreifend: Nicht infiziert werden!

Erste Infektion
Die Primär-Infektion (Foto: Markus Scholz – www.marsfoto.de)

Kreative Mechanik bei der Zuschauerbeteiligung

Um schon zum Anbeginn die richtige Gänsehautstimmung zu erzeugen begann die Interaktion mit den Zuschauern recht ungewöhnlich. Das Publikum wurde vor dem betreten des Saales schon nach einem Gegenstand gefragt, der eine Rolle spielen wird. Ebenso verlegten die Impronale-Moderatoren Lina und Oliver ihre Ankündigung in den Vorraum. Das Theater selbst war dann schon recht dunkel. Der Beginn der Show war eine Ansage wie in einer Quarantäne-Situation einer Dystopie. Es wurden von der artifiziellen Stimme drei Orte abgefragt. Auf der Bühne nahmen nun die Spieler mit dem Rücken zum Publikum in einer Reihe Aufstellung. Es waren nicht nur fünf Spieler der Steifen Brise sondern auch sämtliche Workshopteilnehmer dabei. Gleichzeitig hoben sie den Zettel auf, schauten nur für sich sichtbar rauf und streckten ihn dann für das Publikum sichtbar in die Höhe. Nur ein Zettel war gekennzeichnet – der Infektionsherd stand fest. Allein schon durch diese kreative Mechanik bei der Zuschauerbeteiligung wußte ich schon, das es großartig werden wird.

Die ersten Szenen begannen – durch drei große, abwechseln scheinenden Lichtkegel auf der Bühne links, mittig und rechts verteilt. Optisch sehr reizvoll und für die Klarheit der Szenen äußerst effektiv. Die Basis des ganzen Abends wurde mit verschiedenen Charakteren an den drei Orten gelegt. Die ein oder andere moralische Zwiespältigkeit tauchte auf und half so die Spannung zu erhöhen, wie das denn in einer Extremsituation dann weitergehen würde. In jeder Minute fragt sich das Publikum, wer von diesen Figuren zum Held wird, wer überlebt und wer besser nicht.

Staying alive

Wir waren etwa am Anfang des zweiten Drittels. Die Virusinfektion des zu Anfang markierten Spielers wurde sowohl per Licht wie auch durch ein wummernden Herzschlag verkündet. Es folgte eine schön ausgespielte Transformation ins Untotendasein und das reissen des ersten Opfers. Nun gingen die Szenen an den anderen Orten weiter, bis schön einzeln weitere Untote produziert wurden. Die wurden übrigens hinter der Bühne weiß geschminkt und mit Blut verziert und waren damit sowohl vom Gang wie auch vom Aussehen eindeutig zuzuordnen. Auch während die Invasion der Zombies fortschritt, kamen weitere Handlungspersonen in die Szenerie, um gemeinsam ihr Leben zu verteidigen.

Tanz-Zombies
Tanz-Zombies (Foto: Markus Scholz – www.marsfoto.de)

Etwa in der Hälfte unterbrach die artifizelle Raumstimme und erklärte den biologischen Vorgang des absterbenden Frontalhirnlappens und forderte eine typische Haushaltstätigkeit ein. Die Zuschauer entschieden “Geschirrspüler ausräumen”, was von den bis dahin Zombifizierten in einem Diamant zu “Staying alive” von den Bee Gees in eine Musicalnummer gewandelt wurde. Das war ein ganz großer Spaß und ein schönes theatrales Zusatzelement. Danach wieder zurück zum Ernst der Lage des Überlebenskampfes. Hier übrigens auch ein Vorteil des Genres: sich langsam bewegende Figuren und Kampf in Zeitlupe sind hier schon vorbereitet. Auch für die Nutzung des Bühnenraumes stellt das Genre es eine wunderbare Spannung her. Der Fokus auf szenisch bespielten Bühnenseite wandert zu den sich langsam bewegenden stummen Zombies. Die Intensität steigt dadurch bei der lebendigen Gruppe und es bilden sich sehr spannende Szenenbilder.

Mehr Blut- und Splattereffekte, mehr Untote und schließlich das Herausfinden der Wirkungsweise des Gegenmittels – hier kommt der Publikumsgegenstand vom Anfang ins Spiel – folgten. Die Konflikte der Personen lösten sich blutig und trieben Personen in den Tod, bis nur eine kleine Gruppe Glücklicher die Epidemie besiegte. Ein weiterer Zombietanz des Ensembles als Zugabe folgte der Aufforderung des tobenden Publikums.

Nicht gebissen werden!
Noch Lebende (Foto: Markus Scholz – www.marsfoto.de)

Komik, Spannung und Drama vereint in einem kraftvollen Stück

Was habe ich daraus gelernt: Eine Genreshow bietet viel Möglichkeit, Dinge wie Abfragen oder Interaktionen kreativ zu machen. Das ganze im Stile einer Theaterspektakel-Inszenierung aufzuziehen ist ganz großartig und selten zu sehen im Improbereich. Auch die Größe des Ensembles mit 15 Schauspielern ließ genug Raum für jeden und funktionierte perfekt. Die Einbeziehung der Workshopteilnehmer war ein wirklicher Glücksgriff. Die Performance bei den Akteuren war sehr sehenswert und ich sah bei allen, wie viel Spaß sie auf der Bühne hatten. Das schwappt ins Publikum über – auch wortwörtlich mit Blutfontainen.

Das Verena Lohner dieses Risiko als Workshopleiterin gegangen ist und dann am Licht und Ton die Regie fest im Griff hatte – an ihrem Geburtstag auch noch – fordert viel Respekt. Und es hat sich gelohnt, eine tolle Show, urkomisch, Spannung und Drama vereint in einem kraftvollen Stück.

macro
Follow

3 thoughts on “Show of the Dead und was wir von Zombies gelernt haben”

  1. Pingback: macrone

Kommentare sind geschlossen.