Ein Blick über den Teich: The Peoples Improv Theater, New York City

Miss Liberty grüßt alle Impro-Spieler aus Deutschland; Foto: Marco
Miss Liberty grüßt alle Impro-Spieler aus Deutschland; Foto: Marco

von Adreas Görlich:

Die Geschichte des New Yorker Improvs

Es gibt drei große Improvisations-Theater in New York City. 1990 ist als erstes der drei das Upright Citizens Brigade (kurz UCB) Theater entstanden. Die Gründer kamen vom Improv Olympic Theater Chicago, der Welthaupstadt des Improv, nach New York. Seit dem hat sich das UCB mit täglichen Shows und einem fünf Level umfassenden Impro Training als eine der Hauptadressen des improvisierten Theaters in New York etabliert. 2002 hat sich Ali Farahnakian, ebenfalls aus Chicago, vom UCB abgesetzt und sein eigenes Theater, das Peoples Improv Theater (kurz PIT) gegründet. 2005 wurde die bis dahin bereits große Improv Szene New Yorks durch das Magnet Theater erweitert. Alle drei bieten tägliche Impro-Shows und Impro-Kurse. Trotz der relativen Nähe New Yorks zu Kanada wird hier vor allem Langform-Impro und weniger Theatersport oder Kurzform gespielt. Dies liegt sicherlich daran, dass die ersten Impro Künstler New Yorks dem Improv Olympic aus Chicago entsprangen. Der New Yorker Impro-Stil ist dementsprechend sehr vergleichbar mit dem Chicagoer Stil. Da ich hauptsächlich im PIT bin und dort zur Zeit auch einen Level 2 Impro-Kurs belege, werde ich das PIT ein wenig genauer vorstellen.

Das “PIT”

Das PIT in New York; Foto: Marco
Das PIT in New York; Foto: Marco

Wer das PIT betritt sieht zunächst einmal rot. Die komplett in rot gehaltene „Love Bar“ im Eingangsbereich bietet verschiedene Biere und Cocktails an und lädt zum Gespräch mit erfahrenen und weniger erfahrenen Impro-Künstlern vor oder nach einer Show ein. Selbst die Barkeeper sind häufig auf einer der beiden Bühnen des PIT zu sehen. Täglich gibt es von 18 bis 24 Uhr, entweder auf der Hauptbühne mit rund 60 Sitzplätzen oder der Undergorund Kellerbühne mit rund 40 Sitzplätzen, in der Regel einstündige Shows, die von jeweils zwei Impro-Gruppen gegeben werden. Die Shows beginnen in der Regel mit einem Vorschlag aus dem Publikum und sind dann mit „Tagouts“ und schnellen Szenenwechseln selbstdirigiert. Es gibt allerdings auch Ausnahmen von diesem typischen Prozedere. So wird beispielsweise bei „The Scene“ eine circa 25-minütige Monoszene von vier bis sechs Personen gespielt. Eine weitere sehr interessante Form wird von „Doppelskope“ geboten. Dieses Impro-Duo erweitert ihre Show durch selbstangefertigte Handpuppen, die miteinander und den Spielern interagieren.

Wenn man Glück hat, kann man auch einen Fernsehstar aus „Saturday Night Life“ oder anderen amerikanischen Sendungen auf der Bühne sehen. So konnte ich beispielsweise den Begründer des PIT Ali Farahnakian zusammen mit George Wendt, einem der Stars aus der Fernsehserie Cheers, zusammen auf der Bühne bewundern.

Improschule in NY

Wen dies animiert selber einmal Improtheater zu spielen, der kann sich zu einem der vielen Impro-Kurse im PIT anmelden. Das Kursprogramm des PIT bietet dafür fünf Level, beginnend mit Level 1, „Intro to Improv“ über „Scenework“, „Intro to Longform“, „Advanced Longform“ und endet mit Level 5, „Improv Performance Study“.

Die rote Bar im PIT; Foto: Marco
Die rote Bar im PIT; Foto: Marco

Wie eingangs beschrieben und wie aus den Kursen ersichtlich, wird hier vor allem Langform Impro gelehrt. Jedes Level umfasst acht, wöchentlich stattfindende, dreistündige Kurse und endet schließlich mit einer oder zwei Abschluss-Shows auf der Bühne des PIT. W

Jams und sonstige Auftrittsmöglichkeiten

Wem dies noch zu wenig an Impro in der Woche ist, der kann an einer der fast täglichen Jams im PIT teilnehmen. Diese sind offen für Spieler aller Level und Erfahrungsstufen. Montags gibt es beispielsweise die „Base Jam“, bei der ca. sechs Spieler zusammengewürfelt werden und dann die Chance bekommen, über etwa acht Minuten zu zeigen was sie können. Dieser Jam ist besonders für Anfänger geeignet, da immer mindestens ein erfahrener Improv Künstler zusammen mit den Neulingen auf der Bühne steht. Vom Ablauf sind diese Jams in der Regel genauso wie die Shows der professionellen Spieler und teilweise sogar besser gespielt.

Wer lieber mit seinem eigenem Team spielen möchte, bekommt immer Donnerstags bei „New team lunacy“ die Bühne für einige Minuten für sich. Für welches Jam man sich auch immer entscheidet, man kann sich dem Support seiner Mitspieler und des Publikums gewiss sein, sodass man auch nach einer eher schlechten Impro-Performance mit einem guten Gefühl nach Hause gehen kann.

Neben dem regulärem Programm veranstaltet das PIT auch das jährlich stattfindende „NYC Improv Festival“. Hier bekommt man die Chance, an einem Wochenende Improtheater aus ganz Nordamerika zu schauen und die verschiedenen Stile zu vergleichen.

Mit diesem vollen Programm kann das PIT meine Impro-Sucht recht gut befriedigen. Seit etwa einem halben Jahr bin ich jetzt fast jede Woche mindestens einmal im PIT um bei einer Jam teilzunehmen oder um eine Show zu schauen. Hinzu kommt mein wöchentlicher Impro-Kurs. Dennoch habe ich den Eindruck das PIT noch nicht vollkommen zu kennen. Es gibt noch viel zu lernen. In diesem Sinne und nach dem Motto des PIT: „Improv your Life“.

3 thoughts on “Ein Blick über den Teich: The Peoples Improv Theater, New York City”

  1. Vielen Dank für den Bericht. Ich bin nächstes Jahr in NYC und erwäge, auch mal eine ImproShow zu besuchen. Kann man das auch mit (inzwischen) relativ schlechten Sprachkenntnissen? D.h. wie wortlastig ist das Spiel, wie speziell sind die verwandten Begriffe? Gibt’s vielleicht Gruppen, die Du empfehlen kannst, die wenig wortlastig sind?
    Danke!

  2. Hallo Klaus,

    Entgegen der in Deutschland üblichen Spielweise des Kurzform-Impro, wird in New York fast ausschließlich Langform-Impro gespielt. Das bedeutet auch, dass es „wortlastige“ Spiele in dem Sinne nicht gibt. Solange du dich einigermaßen flüssig auf englisch mit jemandem Unterhalten kannst, wirst du auf der Bühne keine Probleme haben. Und auch wenn einmal ein Wort kommt, dass du nicht verstehst, kann man sich in der Regel durch Improvisation aus der Situation rausmogeln, oder man lernt es während der Szene. Ich war einmal in einer Szene, bei der aus dem Publikum „honkers“ als Spielvorschlag für die Szene kam. Ich hatte keine Ahnung, was „honkers“ sind, und hab stark auf meine Partnerin in der Szene gehofft (wir spielten zu zweit eine 7-8 Minuten lang andauernde Mono-Szene). Diese hat dann auch prompt die Szene initiiert, imaginär etwas Kleines in den Händen gehalten, was beim Zusammendrücken ein „honk“-Geräusch machte. Danach war für mich klar was „honkers“ sind, und wir haben zu zweit eine meiner persönlich besten Szenen gespielt.
    Du siehst also, auch als nicht „native speaker“ kommt man hier gut voran. Eines ist ohnehin immer gewiss: die Unterstützung deiner Mitspieler und des Publikums.
    Einfach mal eine Show und/oder Jam anschauen, und dann mal gucken, ob du dir das zutraust. Ich werde noch bis mindestens Ende 2014 hier in New York sein, kannst mich dann gerne mal kontaktieren…

  3. Hallo Andreas, Ich bin ab Ende Mai für 10 Tage in New York. Vielleicht kannst Du mir Deine E-Mail-Adresse zukommen lassen: kasselklaus@yahoo.de – ich melde mich dann rechtszeitig.
    (Die o.g. Adresse ist ohnehin spammäßig verbrannt, deswegen kann ich die ohne Bedenken hier veröffentlichen).
    Viele Grüße
    Klaus

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