2. Theatersport Cup Berlin: Der Spontanität auf der Spur

von Manuela Hoffmann:

BERLIN – Die Vertreter der deutschsprachigen Impro-Szene gaben am 17.9. 2012 im Berliner BKA-Theater den Startschuss für eine Reihe täglicher Improvorstellung im Rahmen des Theatersport Cup 2012. Zum Auftakt dieses Improtheater-Turniers traten Improkünstler von „Wir2“, „Paternoster“ und „Rocket Sugar Factory“ gegeneinander an. Durch den Abend führten Jana Kozewa (Theatersport Berlin) und Robert Munzinger (Theatersport Berlin und Die Gorillas). Das Moderatoren-Duo ergriff noch vor der Vorstellung der Impro-Akteure die Gelegenheit, vorsichtshalber dem Publikum den Begriff Improvisation zu erläutern. Dazu wurde auch gezeigt, wie das Abstimmungsverfahren in der Woche funktioniert, sowie das Applaus-Meter des Publikums funktioniert.

Das Zuschauerspektrum hat mich überrascht, da auch viele sehr junge Gesichter zu sehen waren. Aus diesem „Lager“ kam sogar ein Buch, das als Vorlage für eine „Emanzen-Szene“ fungierte. Aber auch die „Reiferen“ im Publikum amüsierten sich prächtig und genossen sichtlich den szenischen Humor des Lebens. Es gab natürlich reichlich Jubel, Applaus und viele Lacher.

Für die gelungene und vielseitige Impro-Vorstellung des Abends trugen bei: Beate Fischer (Vertretung für Martina Schütz) und Tim-Owe Georgi von „Wir 2“ (ehemals Improphil Luzern). „Paternoster“ aus Berlin (IMPROLIGA 2011-Gewinner) schickten zwei schöne Männer ins Rennen um die Gunst des Publikums – Lutz Albrecht und Thomas Zug. Die Wahl-Wiener und Gewinner des Theatersport Cup 2011 Jim Libby und Jacob Benigan rundeten die kurzzeitige Konkurrenten-Gruppe ab.

Die Schauspieler improvisierten zuerst Spiele auf „Freeze und Change-Kommandos“ der Moderatoren. Dann folgten die Zurufe des Publikum, die den Verlauf weiterer Szenen selbst bestimmen durften. Wobei kein heikles Thema wie Mundgeruch oder Bettnässen ausgespart wurde. Wie im echten Leben eben. Es folgten „Switch-and-Change-Spiele“, bei denen das Publikum die Charatere der Figuren und die Zeit des Geschehens bestimmen durften. Dabei begleitete der Musiker des Abends Uwe Matschke (Theatersport Berlin) sehr einfühlsam am Keyboard die Entwicklung der Geschichten.

Als Inspiration einer längeren Szene gab das Publikum das Genre Biedermeyer an, Jim Libby fragte dazu fast vergeblich Details nach. Lustig gereimt – obwohl ein wenig angestrengt – waren dabei die Improsongs, die zu der Szenen der Geschichte passten. Am Ende der ersten Hälfte gab´s eine Abstimmungsprobe des Publikum, als eine Art Vorbereitung für die kommende Woche des spontanen Humors.

Emanzen und der blanke Horror – Abstecher auch in die hintere Reihen des Theaters

Theatersport Cup Berlin, Jim Libby, Jacob Benigan, Thomas Zug
Das Leben ist ein Spiel! Spiel es! – Der Auftakt der Theatersport-Cup-Woche im BKA-Theater. Vom links: Jacob Benigan, Thomas Zug und Jim Libby. Foto: Manuela Hoffmann

Die zweite Hälfte des Abends wurde mit existenziell-gefärbten Geschichten ausgefüllt. Mutig war das Vorlesen eines Buchs aus dem Publikum, das „spezielle Schwierigkeiten der Frau“ und „Schmerzen der Emanzipation“ thematisiert. Spontaner geht es wohl nicht, wenn aus diesem Buch ein US-Amerikaner (Jim Libby) vorliest und dies eine Vorlage liefert. Herausgekommen ist eine szenische Antwort auf die Frage „was hält uns ab, ganze Frauen zu sein“. Erfrischend anders war auch ein Exkurs von Paternoster-Mitglied Lutz Albrecht in die hinteren Reihen des Theaters. Lutz ging auf eine Dame zu, die sich vermutlich nie mit Vorschlägen an die Spieler vorgewagt hätte. Er trotze der Hotelfachfrau einen „jeden-Tag-Dialog“ mit einem Arbeitskollegen ab. Daraus entstand eine lustige Geschichte, deren Verlauf das Publikum mitbestimmen durfte.

Zum Schluss gab es noch einen längeren Ausflug in die Welt des szenisch-filmischen Horrors, wobei das Publikum nicht nur das Genre bestimmte, sondern auch Regieanweisungen vorgab. An dieser Stelle fragte ich mich wirklich, warum die Mehrheit der Mitmenschen immer wieder in die Welt des Horrors eintauchen will?!

Das Wiener-Duo Libby und Benigan zeigten, dass sie wieder als Favoriten gehandelt werden. Libby überzeugte herrlich angstlos bei der Darstellung seiner Figuren. Sein Kompagnon Benignan – äußerlich oft mit „Mr. Bean“ verglichen – ließ uns eine Erinnerung an den liebervollen Tollpatsch aufkommen. Zu Recht haben sie den stärksten Applaus bekommen. Lutz Albrecht und Thomas Zug als Entsandte des Berliner Paternoster-Theaters werden sich wohl diese Woche noch steigern müssen, um durch die Gunst des Publikum mehr Punkte zu erlangen. Sie landeten auf Platz. Und die Gruppe „Wir 2“ wird wohl harmonischer agieren, wenn Martina Schütz – die wahre zweite Hälfte des Duos endlich Berlin erreicht.

Die Montag-Vorstellung war als Auftakt dieser konkurrenzreichen Woche sehr gelungen. Die herrlichen Streiche der Künstler befriedigten den Humor- und Mitmach-Bedarf des Publikums. Geeignet für jeden, dem diese Form des Theaters zusagt.

Thomas Jäkel
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