IWT: Schmetterlings vs. Changeroos – Spielbericht

BERLIN – Die erste Begegnung des Impro Wildcard Turniers fand am gestrigen Freitag im gut besuchten BühnenRausch statt. Kurz nach 20 Uhr eröffnete der Moderator und Schiedsrichter Stephan Ziron die Begegnung. Aufgrund der vielen Beteiligten und dem Umstand, dass es sich um ein Qualifikationsturnier handelt, musste in der Anmoderation eine Menge erklärt werden.

Dann endlich liefen die Mannschaften ein. Die Schmetterlings traten als Gastgeber mit einem Dreierteam auf: Zwei Damen, Karin und Kathrin, und als männliche Verstärkung Maik. Die Changeroos waren zu der Begegnung mit einer reinen Männermannschaft aufgelaufen. Jörg, Niklas und Daniel traten an.

Nachdem beide Mannschaften feierlich den Schwur abgeleistet hatten, gab es eine gemeinsame Aufwärmrunde mit Freeze Tags.

Das Prozedere eines jeden Matches sieht vor, dass sich die Mannschaften gegenseitig offene Herausforderungen stellen. Die Gäste durften beginnen. Die Changeroos forderten zur “Besten Szene in einem kleinen Raum.” Als Herausforderer waren sie verpflichtet vorzulegen und spielten sie eine Orlando Alliteration in einer Telefonzelle. Die Schmetterlings antworten mit einem Expertengespräch zum Thema “Der kleine Raum im Theater” und wurden dafür vom Publikum mit 3 Punkten belohnt.

Die zweite Herausforderung kam von der Heimmannschaft, die zur “Beste Szene mit einem Gefühl aus dem Publikum” aufforderte. Das Gefühl Hass wurde als erstes von einer Zuschauerin gerufen. Die Schmetterlings bezogen das Publikum mit ein und legten gleich mit einer Soufleureszene vor, die von den Changeroos mit dem Balkonspiel beantwortet wurde. Die Gäste verstanden es hier besser die Vorgabe Hass in den Ansprachen der Balkonszene umzusetzen und erhielten dafür die drei Punkte.

Vor der Pause sollten die Mannschaften eine gemeinsame Szene spielen: Der Unparteiische ließ hierfür Namen aus Schillers Kabale und Liebe wählen. Die Spieler sollten nun mit den Namen Ferdinand, Luise und Miller eine Shakespeare-Szene gestalten. Das Publikum zeigte sich unentschieden und so gab es für beide Teams 2 Punkte. Mit diesem Gleichstand ging es in die Kabine.

Die zweite Halbzeit startete mit einem Interview der Mannschaftskapitäne, wobei die Changeroos zugaben, die Schmetterlings länger schon beobachtet zu haben.

Die dritte Herausforderung kam wieder von den Gästen, die zur “Besten Szene mit Gesang” aufforderten. Dazu legten sie eine “Das glaube ich nicht!”-Szene vor, eine Variation vondem Spiel “Das klingt nach einem Lied”. Die Szene spielte in einer kaputten Familiensituation, was im Nachhinein zu einer Verwarnung (Gelbe Karte) durch den Unparteiischen führte. Er hielt die drastische Darstellung der Kinder und Familiensituation für unangemessen, besonders da auch Kinder im Publikum anwesend waren.

Die Schmetterlings antworteten mit “Singen wenn der Musiker spielt.”, konnten sich aber mit dieser Szene nicht gegen die Changeroos durchsetzen, die trotz der Verwarnung 3 Punkte erhielten.

Die nun im Rückstand liegenden Schmetterlings forderten zur “Besten Szene an einem vom Publikum bestimmten Ort” heraus und die Wahl fiel auf den Dschungel. Mit einer ABC-Szene versuchten sie das Publikum zu begeistern, fanden aber bei S beginnden nicht jeden Buchstaben. Die Changeroos antworteten mit einem Fast Replay, wofür sie als Vorgabe nach jemandem fragten, den man nie im Dschungel treffen würde. Aus den letzten Reihen des Publikums kam als Vorschlag “Der Moderator”. Die nun folgende Szene mit Witzen über den Moderator hätte man sich als spielende Mannschaft besser ein zweites Mal überlegt, denn nach der unentschieden ausgefallenen Abstimmun, verwarnte der Schiedsrichter erneut und zog den Changeroos zwei Punkte ab. Diese Entscheidung blieb nicht unumstritten, war jedoch regelkonform, da eine Missachtung des Unparteiischen eine Verwarnung bzw. Punktabzug nach sich ziehen kann.

Nach diesen Szenen schloss die zweite Halbzeit mit einer gemeinsamen Oper unter dem Titel “Der Soßenkoch von Reinickendorf”. Die Volksoper in zwei Akten mit Anleihen bei Brecht wurde vom Publikum ebenfalls unentschieden bewertet, so dass sich die Mannschaften bei einem Endstand von 11 zu 11 unentschieden trennten. Versöhnlich wurde das Publikum mit dem gemeinsamen Abschlusssong “Pass auf, wenn Du über die Straße gehst” aus dem BühnenRausch verabschiedet.

Damit ging ein spannender Abend zu Ende, der gezeigt hat, dass Improvisieren um die Wette uns vor eine besondere Aufgabe stellt, da eine Vergleichbarkeit für das Publikum schwer ist. Die Turnierbegegnungen bedürfen sowohl eines fairen Wettkampfs als auch eines Zusammenspiels von Kollegen – zwei Ansprüche, die sich schwer vereinen lassen. Doch wenn es nicht das Improvisationstheater schafft, dass sowieso Unmögliches will, welche Kunst- oder Sportart sollte es sonst schaffen?

Alle Spielstände unter impro-news.de/iwt.

Thomas Jäkel
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4 thoughts on “IWT: Schmetterlings vs. Changeroos – Spielbericht”

  1. Kompliment für die Organisation diese Turniers und die Regeln, die den Gruppen viele Freiheiten lassen.

    Trotzdem glaube ich, dass echte Konkurrenz mit einem attraktiven Preis und öffentlichen Tabellen zu weit geht.

    Wer kann entspannt scheitern, wenn das anschließend punktgenau im Internet steht? Wer läßt den anderen gut aussehen, wenn er doch selber glänzen muss?
    Wer fühlt sich auf der Bühne frei, wenn es wirklichen Konkurrenzdruck gibt? Wer wagt wirklich etwas, wenn er doch gefallen will?

    Man braucht wahrscheinlich sehr viel innere Freiheit, um hier völlig unbeeindruckt zu bleiben.

    In der ursprünglichen Konzeption von Theatersport war die Kunkurrenz nicht echt, sondern reine Show. Daran muss man sich nicht halten. Doch braucht Impro wirklich noch mehr Äußerlichkeit und Gefallenwollen? Braucht es nicht eher ein bisschen mehr Sensibilität, Freiheit und, ja – auch Tiefgang? Braucht es nicht eigentlich mehr Theater statt mehr Sport?

  2. Es braucht weder mehr Sport, noch weniger Theater, aber die Kunst des Improvisationstheaters braucht definitiv mehr Aufmerksamkeit. Und wenn ein Turnier dabei hilft, mehr Aufmerksamkeit zu wecken, dann ist mir dies sehr Recht.

    Es sollte aber auch nicht vergessen werden, dass ein Ziel auch zu besseren Leistungen anspornen kann. Sicher, kann man versuchen ein Theatersportmatch zu gewinnen, aber dies wird wenig unterhaltsam sein. Es kann nur von uns der Wunsch geäußert werden, dass alle Mannschaften doch fair und offen miteinander spielen und ich sehe es momentan so, dass dies geschieht. Doch warten wir das Turnier ab und ziehen hinterher Bilanz.

  3. Das sehe ich genauso wie der Thomas – Improvisationstheater benötigt dringend mehr Aufmerksamkeit In sofern werden solche art von Tunieren einen grossen Beitrag dazu leisten.

  4. Man muss sich allerdings im Klaren darüber sein, dass durch so ein Turnier nicht alle Formen des Improvisationstheaters mehr Aufmerksamkeit bekommen, sondern nur der Theatersport, der naturgemäß stark auf Spektakel, Lautstärke, Äußerlichkeiten setzt und sowieso schon die meiste Aufmerksamkeit bekommt.

    Viele an diesem Turnier Beteiligten wollen eigentlich durchaus mehr Theaterkunst. Theatersport fördert dies nicht. Theatersport muss nicht zwangsläufig schlechtes Theater sein, aber ich habe Aufführungen gesehen, bei denen das Laute über das Leise gesiegt hat, und das liegt in der Natur der Sache.

    Alles hat seinen Preis. Wer Improtheater durch Theatersport mehr Aufmerksamkeit verschafft, bestätigt damit auch das Bild des Improtheaters als vielleicht unterhaltsames, aber auch recht rohes Spektakel.

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