Inspiration durch mediale Helferlein – Improtheater in Apples AppStore

von Stephan Ziron:

Wer in Apples AppStore nach dem Begriff Improv sucht, findet unterschiedlichste Anwendungen. Auch wenn die Ergebnisliste übersichtlich ist, sind interessante Apps dabei. Wer kennt nicht beim Improtraining oder Warm Up die Aufforderung „Nenn’ mir mal ein Wort, Gefühl, Ort, Beziehung, etc.“?! Wenn man also nicht immer den Techniker oder seine Spielpartner nach Inspirationen ausquetschen möchte, hat die Möglichkeit auf kleine Helfer zurückzugreifen. Zwei habe ich im AppStore gefunden, die ich kurz vorstellen möchte.

Suggestifier

Suggestifier
Screenshot Suggestifier (Ziron)

Die englischsprachige Applikation Suggestifier spuckt auf Bildschirmberührung oder nach vorher eingegebenem Zeitintervall die unterschiedlichsten Begriffe aus. Die gut lesbaren weißen Wörter werden auf einem schwarzen Hintergrund ausgegeben. Die App ist schlicht gehalten und macht, was sie soll: Begriffe ausspucken. Über den Infobutton gelangt man in eine Auswahlliste, wo einfache Wörter, Schauspielernamen oder Figuren, Orte, Gefühle, Gegenstände, Genres, Körperteile, Interviewfragen und männliche sowie weibliche Vornamen als Anzeigekategorie ausgewählt werden können. Außerdem wählt man hier die Zeit aus, nach der die Anzeige wechseln soll. Eine Einstellung von fünf bis sechzig Sekunden ist möglich. Leider ist eine Mehrfachauswahl der Kategorien und somit eine Mischung der ausgegebenen Wörter nicht möglich.

Der Suggestifier ist mit 79 ct genau in dem Preissegment angesiedelt, wo eine solch kleine Applikation hingehört. Die Idee, die Wörter nach voreingestelltem Intervall automatisch wechseln zu lassen, finde ich interessant. Die Frage, wie groß der Wortschatz ist, kann wohl erst nach längerem Testeinsatz beantwortet werden.

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Improv Suggestions

Improve Suggestions
Screenshot Improve Suggestions (Ziron)

Die zweite Applikation mit dem simplen Namen Improv Suggestions ist ebenfalls eine englischsprachige Wortkanone. Sechs Kategorien werden unterschieden: Ort, Beruf, Schauspielernamen, Adjektive, Gegenstände und Beziehungen. Tippt man auf das entsprechende Icon, erscheint rechts neben der Glühlampe die Inspiration. That’s it! Einstellen kann man im Programm selbst nichts weiter. Aber das muss man ja auch nicht unbedingt.

Improv Suggestions tut, was es soll: Inspirationen ausspucken aus der Kategorie, die ich angetippt habe. Auch hier ist unklar, wieviel Wörter eingespeichert sind. Für 79 ct hat auch diese App den angemessenen Preis und zumindest ein Ausprobieren wert.

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Wer des Englischen also etwas mächtig ist, kann mit den ausgegebenen Wörtern der beiden Applikationen etwas anfangen. Und wenn man einmal ein Wort nicht übersetzen kann, nimmt es der geneigte Improspieler entweder trotzdem oder tippt einfach weiter.

Improtheatergruppen im AppStore

Sea Tea Improv
Screenshot der See Tea Improve App (Ziron)

 

Sea Tea Improv

Mit der kostenlosen Software von Sea Tea Improv aus Conneticut hat man direkten Einblick in ihre Postings bei Facebook und Twitter. Unter „Shows“ findet man Termine zu Auftritten und Workshops. Eine besondere Kategorie ist „Podcasts“, wo die SpielerInnen einzeln in einer kleinen Audiodatei vorgestellt und interviewt werden. Neueste Postings und Termine kann man sich als Push-Nachricht auf den Bildschirm schicken lassen. In der Rubrik „Feedback“ kann man Fotos und Videos sowie einen Text an die Gruppe versenden. Eine sehr schöne Idee den Kontakt zu seinen Fans aufzubauen und aufrecht zu erhalten. Einzig, dass der Podcast nicht mit einer Pausen- und Stopp-taste versehen ist, ist nicht gelungen. Aber das könnte man Sea Tea Improv aus CT ja auch im Feedback einmal schreiben.

Website von SeaTeaImprov

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The Village Theatre

The Village Theater
Screenshot The Village Theater App

The Village Theatre aus Atlanta, Georgia bieten ihre App ebenfalls kostenlos zum Download an. Eine kurze Startseite mit Was, Wann, Wo und einem Foto begrüßt den Nutzer. Alle Hinweise sind mit entsprechenden Links versehen. So gelangt man von der Adresse des Spielortes mit einem Klick zu GoogleMaps und kann sich seine Route dorthin erstellen. Tippt man auf das Sparschwein-Icon „Buy Tix“ finden sich die Links zu den Freitags- und Samstagsvorstellungen. Im Browser öffnen sich die entsprechenden Reservierungswebsites. Unter „Connect“ findet man die Links zu den sozialen Netzwerken, dem Flickr-Fotoalbum und dem Youtube-Kanal des Village Theaters. Alles in allem sehr übersichtlich und nicht wirklich überraschend, da die Software hauptsächlich aus Links besteht, aufgehübscht mit Gruppen- und Einzelfotos der Akteure. Jedoch hat man in der Rubrik „PLF Yourself“ die Möglichkeit ein Fanfoto zu gestalten. Der Benutzer macht ein Foto mit seinem iPhone, kann dann als Effekt zwischen bunt, Graustufen und Sepia auswählen und dem Bild unter anderem die Buchstaben PLF hinzufügen. Auch wenn verborgen bleibt, was PLF eigentlich bedeutet, kann das Ganze anschließend direkt nach Atlanta gesandt werden.

Website des Village Theaters

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Auch wenn es nicht die Mehrzahl der Improtheatergruppen ist, die eine eigene App veröffentlicht, ist es doch eine interessante Idee für das Marketing. Da die Applikationen jedoch nur auf iDevices funktionieren, werden hier allerdings auch nur Apple-User in den Genuss der Software kommen. Der Computerriese ist bekanntlich nicht der System offenste. Daher sollte man schon bedenken, ob man Apple-Publikum hat oder auch eine Software für Android oder andere Systeme gleich mit programmiert. Offen bleibt auch, ob Applikationen wie diese überhaupt angenommen und genutzt werden. Wer also nicht zufällig einen Programmierer in seiner eigenen Theatergruppe hat oder Geld dafür ausgeben möchte, muss mit einer hohen Einstiegshürde in das improvisierte mediale Marketing rechnen.

Improve Comedy
Screenshot Improve Comedy (Ziron)

In der Trefferliste des AppStores befand sich auch das Programm Improv Comedy: Essential Games, mit dem man angeblich Improtheater am iPhone lernen kann. Die Palette reicht von Grundlagen des Improvisationstheaters bis zu Erklärungen der Improspiele mit entsprechenden Beispielvideos. Es kostet stolze 3,99 Euro und wirbt mit den Zeilen „Download it now and see how quickly you become an improv master“.

iTunes-Link

Angebote aus Deutschland fanden sich bisher nicht in Apples AppStore. Vielleicht haben hiesige Gruppen diese Marketingstrategie noch nicht für sich entdeckt oder sind meiner Meinung, dass die Zielgruppe für solch eine Investition wohl doch zu speziell und zu klein ist. Vielleicht haben aber auch nur wenige Improtheater Begeisterte ein Apple-Gerät und lernen Improtheater spielen dann doch lieber in Workshops bei wirklichen Meistern ihrer Kunst.

Stephan Ziron ist Pianist, Musikwissenschaftler und Ensemblemitglied des Improvisationstheaters Paternoster Berlin. Er spielt improvisierte Klavierkonzert, die er „Hear and Now“ nennt und ist erfahrener Lehrer für Improvisation. – pianistberlin.de