Die Ausdruckskraft der Masken

von Axel Bungert

Steve Jarand ist kanadischer Improlehrer mit einer Mission: Er tourt gerade monatelang durch Europa und gibt Workshops, um mehr Masken ins Theater zu bringen. Einen Einblick in seine Arbeitsweise gab die erste Hälfte des „Maskentheaters mit Steve Jarand“, mit dem er am 9.4. im Kölner „Klüngelpütz“ gastierte. Am Ende hatten die Zuschauer einen künstlerisch anspruchsvollen Theaterabend in lockerer Atmosphäre mit viel Humor und Gefühl erlebt. Die gesamten Einnahmen des Abends gingen an die Tsunami-Opfer in Japan.

Francois aus Dijon, Foto: H. Reissig

Während Vollmasken das ganze Gesicht bedecken und nicht sprechen, lassen Halbmasken das untere Gesichtsdrittel frei. Dabei ist es Steves Ansatz, die Spieler in eine Art Trance zu versetzen, in der sie komplett aus dem Moment reagieren. Er „aktiviert“ die Maske, indem er dem maskierten Spieler einen kleinen Spiegel vorhält. Der Maskierte nimmt dann die erste Regung, die er spürt, auf. Und lässt sich dadurch zu einem Ton inspirieren, den er in übetriebenem Maße herauslässt. So begannen die Halbmasken auf der Bühne zu kieksen, zu lachen und zu toben – eine Zuschauerin durfte eine solche Aktivierung sogar selbst erleben.

Bei manchem im Publikum stand allerdings ein Fragezeichen auf der Stirn, als die neu aktivierten Masken wie Kinder auf der Bühne agierten. Daraufhin zeigte Steve, wie sich eine voll entwickelte Halbmaske nach jahrelanger Arbeit präsentiert – und wurde zu „Francois“ aus Dijon, der mit Steve selbst nur noch Hemd, Hose und Schuhe gemein hatte.

Gefühlvolle, ausdrucksstarke Szenencollage

Zur zweiten Halbzeit präsentierten Steve und seine Schüler Kati Schweitzer, Jan Kraneis und Ulf Niemann eine einstudierte Maskenshow. Die Szenen entstanden aus Improvisationen und wurden in nur einer Woche Probenzeit zu einer Szenencollage verfeinert. Bei dieser Premiere kamen nicht nur etliche Kostüme und Masken zum Einsatz, auch Licht und Musik wurden punktgenau mit einbezogen – in einer Szene sogar mit Hilfe eines Computers und eines „Launchpads“, das in der Hand eines Spielers auf Knopfdruck Licht und Musik steuerte.

Die ganz in Masken gespielte, gute Stunde kam vollständig ohne Dialog aus und zog die Zuschauer trotzdem komplett in ihren Bann. Als roter Faden trat eine männliche Maske (Jan Kraneis) auf, die kurz vor ihrer Hochzeit stand und dann von Zweifel geplagt wurde. Dabei zeigte sich auf faszinierende Art, wie ausdrucksstark Masken sind, obwohl sie gar keine Ausdrucksmöglichkeit haben. Gerade darin liegt der Zauber des Maskentheaters. Die Truppe wird weiter an diesem Stück arbeiten – und sucht noch nach einem international verständlichen Namen für sich. Vorschläge werden in den Kommentaren gerne angenommen.

Foto: Ulf Niemann

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