720 Minuten: Ansichten eines Spielers

von Marco:

Ich berichte heute über den zweiten Teil der “Impro-Matches” im Rahmen des Festivals “720 Minuten” am Freitag den 22.10.2010 im Bühnenrausch. Und zwar aus einer ganz besonderen Perspektive: der eines Spielers auf bzw. hinter der Bühne! Hierbei ist gleich einzuräumen, dass ich nicht alle Szenen des Abends gesehen habe (einige, weil ich hinter der Bühne war, zwei andere, weil ich selber mitgespielt habe). Dafür habe ich aber eins ganz deutlich gesehen und vor allem gehört: das Publikum!

Publikum

Ein ganz großes Lob und Dankeschön an dieser Stelle an die vielen improbegeisterten Besucher, die die ganze Show über für eine einmalige, brodelnde und ausgelassene Stimmung sorgten. So was habe ich bislang noch nicht erlebt!  Angeheizt durch die fantastische Moderation von Dörthe Engelhardt war der Zuschauerraum der 4. Mann in jeder Szene, der jedes kleine Juwel auf der Bühne begeistert mit Wellenpunkten belohnte. Für jeden Spieler ist es ein einmaliges Gefühl, so in seiner eigenen Szene getragen zu werden. Und das merkte man den meisten Szenen dann auch an, denn alle Gruppen legten sich bei ihren jeweils 2 Szenen mächtig in Zeug. Jede Gruppe wählte ihr Lieblingsformat und dabei kam ein bunter Abend zustande.

Alle Spieler auf der Bühne, Foto: Stephan Holzapfel

Moderation

Aber noch einmal zurück zur Moderation: Mir ist mal wieder bewusst geworden, wie wichtig ein solider und energetischer Rahmen für eine Show ist. Das ist wie das Einstellen der Scheinwerfer und das Stimmen des Klaviers: wenn da was nicht stimmt, dann wackelt am Anfang die Szene und man muss sich erst mal hoch arbeiten. Und dann hätte man als Spieler ja gerne noch die Sicherheit, dass kleine Problem wie Zeitüberschreitungen, Themaverfehlungen, Hänger in der Szene sowie die ganze Punkteverwaltung kompetent, fair (im Sinne der Show…) und unterhaltsam gelöst werden. Aus eigener Erfahrung kenne ich die Diskussionen in vermutlich jeder Gruppe, was denn der Moderator wieder mal falsch gemacht hat… Wenn aber alles stimmt wie am Freitag, dann hat man einen fliegenden Start und fühlt sich von Anfang an wohl in seiner Szene. Nicht sichtbar für’s Publikum aber schon im Vorfeld genauso wichtig: Bei 6 Gruppen mit insgesamt 18 Spielern muss der Moderator auch schon vor der Show dafür sorgen, dass alle mit einer gemeinsamen Idee an die Show herangehen und dass die Organisation stimmt. Leicht gesagt, aber bei so vielen extrovertierten Improspielern eine Aufgabe, die eine gewisse Führungsstärke erfordert. Danke Dörthe! (“5 von 5 möglichen Moderationspunkten und 4 Wellenpunkte” ist meine persönliche Wertung).

Begegnungen

Ein weiterer Aspekt aus Spielersicht bei solch einem Happening ist sicherlich die Begegnung mit anderen Improspielern. Unbeschreiblich die Stimmung in der kleinen Garderobe, wenn 18 nervöse Improspieler – von denen sich einige mehr, andere weniger untereinander kennen – auf engstem Raum zusammenhocken und nicht genau wissen, wie sie die Zeit bis zum Auftritt verbringen sollen, die letzten Taktikbesprechungen abhalten oder noch versuchen, auf “Betriebstemperatur” zu kommen. Oder die After-Show-Party, bei denen auch zwischen Menschen, die sich bislang noch nicht kannten, eine ganz besondere Stimmung herrscht, denn man hat ja gerade zusammen auf einer Bühne gestanden. Improspieler sind einfach die besten Menschen auf der Welt! (das Zitat habe ich von Marshall C. Stern aus seinem Podcast Zenprov geliehen).

Noch mehr Dank

Dank natürlich auch an Gudrun Schlag für die einfühlsame Klavierbegleitung! Und ein ganz großes, nein riesiges Danke an Karin Mietke, die mit dem Bühnenrausch und der Organisation des Festivals erst den Rahmen für diese tolle Woche geschaffen hat und als guter Geist ständig für eine angenehm kreative Umgebung sorgt!

Resultate

Ach ja, gewonnen haben übrigens die Verstörten Wunschkinder mit hauchdünnem Vorsprung von einem Punkt vor den Changeroos. Sieger der Zuschauerherzen wurden Wat’n da los, die den Meistertitel nur wegen Halbierung der Punkte aufgrund Zeitüberschreitung in der zweiten Hälfte knapp verfehlten. Aber eigentlich ist das ja uninteressant – oder? Auf Stephans Show-Video-Seite berlinimpro.de gibt es aktuell bereits Videos vom Festival und demnächst vermutlich auch von den anderen Tagen!