IMPRO 2010 – The Funky Frauleins of Sweden erobern Berlin


Publikumsstimmen und Interview mit den Improvements im Ratibor Theater (22:00 Minuten) /Download/:

Der Montagabend im Ratibor Theater war sicher eines der Highlights des diesjährigen Improfestivals IMPRO 2010. Die Gorillas hatten die aus Stockholm stammende Gruppe The Improvements eingeladen, um ihr Format The Funky Frauleins of Schweden zu zeigen. Das Publikum bekam tatsächlich drei Frauleins zu sehen, die den drei Schwedinnen Helena Lindegren, Camilla Persson, Helena Zetterman als Alter Ego dienen.

The Improvements. Foto: Inger Bladh
The Improvements Foto: Inger Bladh

Bereits in den ersten Minuten wurde klar, wie innovativ dieser Ansatz ist, denn die Frauleins dienen nicht nur als Erzähler, um die zwei Handlungsstränge voranzutreiben, sondern, kommentieren in der gleichen Weise das Geschehen und haben eine Meinung, wie und wo es weitergehen soll. So brachte zum Beispiel ein energisches „Funkys!“ von Helena Zetterman einen Schnitt in die laufende Szene und die drei Spielerinnen für eine Beratung zusammen.

Ohne ein Black oder Auswinken der Szene können die Drei so beliebig zwischen den beiden Handlungsstränge wechseln. Diese Wechsel finden aber bei weitem nicht nur auf der narrativen Ebene statt – ganz im Gegenteil. Die Improvements malen mit gestischen Miniaturen ein fiktives Bühnenbild für die Zuschauer. Die Geschichte um zwei Schwestern aus „Kurdistan“ spielt oft in einem Hochhaus in den Vororten von Stockholm. Dazu deuten die Funky Frauleins mehrere Hochhäuser an, ein kleines Spiel entspinnt sich um das Finden der richtigen Hausnummer. Dann ist die 26 B gefunden und Helena Zettermann läuft mit ihren Fingern in das angedeutete Gebäude, hoch mit dem Fahrstuhl bis zur Wohnung – dabei ergänzen die Drei viele Details: „die Wände sind voller Graffiti, es stinkt im Hausflur“ und so weiter. Mit den Worten „Let’s see!“ und einer Drehung sind wir sofort in der Szene zwischen den Schwestern, die sich in der Wohnung abspielt – ein Freund der Improvisation ist begeistert.

Zwischen den Geschichten wird ebenso gewechselt: Vom Fenster aus hört man die blaue Linie der U-Bahn, wir sehen sie durch den Abend rattern. Am anderen Ende der Linie erkennen die Frauleins etwas, ja es ist Hanna die entlassene Radiomoderatorin, die sich das Leben nehmen will. Schon sind wir in der Szene auf dem Bahnsteig. All das findet so mühelos statt, man sieht nicht, dass die Spielerinnen hart arbeiten. Man ist mitgerissen in diese Welt, die einem die Schwedinnen so filigran und temporeich aufbauen. Dazu sind sie noch ein Musterbeispiel, wenn es um die hohe Kunst des Akzeptierens geht. Sie lassen stets die Partner gut aussehen – obwohl man meinen könnte, dass sie ihren Ärger eventuell über die sehr emotionalen Charaktere der Funky Frauleins abladen – hier hört man ab und zu ein “Oh no!” oder das erschreckte Zurückweisen eines möglichen Handlungsverlaufs.

Der zweite Teil des Abends belehrt auch da eines Besseren. Nach der Pause ist das Setting ein komplett anderes: Wir lernen ein gealtertes Musiktrio kennen, das seine Comeback-Single vor ihren Fans vorstellt. In Rückblenden, die direkt auf Vorgaben aus dem Publikum basieren, erleben wir ihre turbulente Karriere. Jede dieser Rückblenden führt zu einem Song der Band. Hier zeigen die Improvements ihre nächste Stärke, das Improvisieren von Liedern. Mit hoher Aufmerksamkeit erschaffen sie zu allem Überfluss immer wieder hinreißende Choreografien. Erwähnt sei hier auch, dass sie mit Norbert Riechman am Klavier das erste Mal zusammen improvisiert haben – Improkunst auf höchstem Niveau.

Mit der Comeback-Single „Back to Space” – ein Reggae zu Ehren Bob Marleys – endet dieser wunderbarer Abend vor einem begeisterten Publikum. Zurück bleibt neben all den inspirierenden Eindrücken die Erkenntnis, dass Schweden mit den Improvements aus Stockholm Weltklasse Improvisationstheater zu bieten hat, in das man sich einfach verliebt. Man merke sich also diese Namen: Helena Lindegren, Camilla Persson, Helena Zetterman! 5 Sterne! Daumen hoch! Danke!

Thomas Jäkel
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One thought on “IMPRO 2010 – The Funky Frauleins of Sweden erobern Berlin”

  1. Leute, das Interview mit den Improvements ist echt interessant! Unbedingt anhören!

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